Eine Möwe flog über einen Strand und sah eine Krabbe das Meer verlassen. Die Möwe wunderte sich über das sechsbeinige Tier, weil sie so etwas noch nie gesehen hatte. Stielaugen und Scherenarme hatte das merkwürdige Geschöpf auch noch dazu.
„Wer bist denn du?“ fragte die Möwe ein wenig abfällig und landete elegant auf dem heißen Sand.
„Ich bin eine Strandkrabbe.“ antwortete die Gefragte wahrheitsgemäß und gutmütig.
„Eine Strandkrabbe? Noch nie gehört!“ erwiderte der weiß-graue Vogel. „Warum bist du so ungelenk und hässlich? Wozu die riesigen Scheren? Nicht einmal fliegen kannst du.“
„Fliegen, wozu sollte ich denn fliegen wollen?“ wunderte sich das Meerestier. „Ansonsten komme ich mit meinen Fähigkeiten ganz gut zurecht“, antwortete die Krabbe zufrieden.
„Pfff, das denkst du nur, weil du nichts Anderes kennst.“
„Warum sollte ich etwas kennen wollen, womit ich nichts anfangen kann?“
„Mit dir kann ich nicht diskutieren, du bist eh nur ein Tier, das gerne im Dreck herumstochert“, sagte die Möwe überheblich und flog auf eine kleine Insel unweit der Küste. „Bleib‘ doch gerne in deiner kleinen und beschränkten Welt.“ raunte der Vogel ihr im Flug zu.
„Eingebildet ist sie auch noch“, dachte die Strandkrabbe und wollte ihren Weg fortsetzen, als sie plötzlich Schreie von der kleinen Insel hörte.
„Bitte, hilf mir!“ rief die Möwe verzweifelt.
Die Krabbe ging im Krebsgang langsam aber zielstrebig ins Wasser. Als sie die Insel erreichte, stellte sie fest, dass es sich dabei um eine große Ansammlung von Plastikmüll handelte, die die Menschen achtlos weggeworfen haben. Die Seemöwe verfing sich mit ihrem rechten Flügel in einem Plastikring, der sich nur noch fester zuzog, als sie sich zu befreien versuchte.
„Warte kurz“, sagte die Krabbe und zerschnitt den Ring mit einer Schere.
„Danke – und entschuldige bitte meine Arroganz“, sagte der Vogel beschämt und schüttelte sich. „Wie kann ich mich nur revanchieren?“
„Deine Worte sind mir Dank genug“, sagte die Strandkrabbe, „mir ist nur wichtig, dass du niemand mehr geringschätzig behandelst. Jeder ist auf seine Art wertvoll und wichtig. Und außerdem geht jeder mit seiner eigenen Geschwindigkeit durch das Leben.“
Danke für eine sehr schöne Fabel,Dario! Ich hoffe, du hast einen schönen Sonntag. Nach der Formulierung „antwortete die Gefragte wahrheitsgemäß“ scheinst du beruflich aus dem investigativen Bereich zu kommen. lol Beste Grüße, Michael.
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Hallo Michael, vielen Dank 🙂 Ich denke, investigative Grundkenntnisse helfen mir bei meinen Blogrecherchen 😅😉 LG, Dario
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Auf alle Fälle. .-) LG Michael
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eine geschichte, die hoffnung macht. ❤
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Hallo grossstadtpoetin, ich finde hoffnungsvolle Gedanken und positive Grundstimmung immer gut und wichtig. Es gibt genug Negatives auf der Welt. Viele liebe Grüße und einen angenehmen Sonntag, Dario
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Lieber Dario, da stimme ich Dir zu 100 % zu, ich halte es auch so. Dir auch einen schönen Sonntag. LG Poetin
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Hallo Dario,
eine moderne, topaktuelle Fabel hast du uns unerwartet geschenkt. Hat mich recht erfreut. Herzlichen Dank.
LG, Sophie Mai
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Hallo Sophie, schön, dass dir meine kleine Geschichte gefällt ☺️ Alles Gute, Dario
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Sehr schön. Das, was der Welt fehlt.
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Ja, unserer Gesellschaft fehlt einiges… Danke dir und liebe Grüße, Dario 🙂
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Hallo Dario.
Die Fabel passt gut zu Anandas Beitrag, findest du nicht auch?
LG, Nati
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Hallo Nati, ich finde es immer gut, wenn meine Leser meine Texte selber interpretieren, so gesehen liegen auch Vergleiche zu anderen Themen ebenfalls im Auge der Betrachter 🙂 Liebe Grüße, Dario
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Sehr schöne Fabel. 🙂
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Hallo Ariana, es freut mich, dass dir meine kleine Fabel gefällt, vielen Dank und beste Grüße, Dario 🙂🦀
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