Auf den Spuren von Arminius [Hermannshöhenweg 1]

Publius Quinctilius Varus führte im Jahr 9 nach Christus einen Eroberungsfeldzug mit drei römischen Legionen im Gebiet des heutigen Teutoburger Waldes an. Sein Heer bestand aus ungefähr 18.000 Soldaten und Hilfstruppen. Laut den römischen Geschichtsschreibern und archäologischen Forschungsergebnissen kam es im gleichen Jahr zu einer großen Schlacht zwischen Varus‘ Legionen und mehreren germanischen Stämmen, die von Arminius, genannt „Hermann, der Cherusker“, angeführt wurden. Die römischen Legionen wurden vernichtend geschlagen.

2010 Jahre sind seit der Varusschlacht vergangen. Durch den Teutoburger Wald und das Eggegebirge führt ein Wanderweg, der an den berühmten Cheruskerfürsten erinnern soll, der Hermannshöhenweg. Der Mehrtageswanderweg beginnt in Rheine und endet in Marsberg. Es handelt sich um ein regionales Wanderprojekt, das seit 2004 die bestehenden Wanderwege Hermanns- und Eggeweg verbindet. Der Weitwanderweg wurde vom Deutschen Wanderverband als Prädikatswanderweg ausgezeichnet.

Der Hermannshöhenweg ist ein schöner Kammweg, der gut in ca. 9 bis 11 Tagesetappen machbar ist. Er besteht aus den beiden langgezogenen Gebirgszügen des Teutoburger Waldes und Eggegebirges, die immer wieder von Tälern unterbrochen werden. Der niedrigster Punkt ist die Emsstadt Rheine (27 Hm) und der höchste der Berg „Preußischer Velmerstot“ (468 Hm).

Karte des Hermannshöhenweges

Ich habe mich im Mai spontan entschieden, auf dem Hermannshöhenweg wandern zu gehen. Zunächst war ich mir nicht sicher, wohin die Reise gehen soll, da ich aber in einer für mich wenig bekannten Region wandern wollte und einen ungefähr 10-tägigen Fernwanderweg mit einem kulturellen und geschichtlichen Hintergrund gesucht habe, fiel die Wahl schnell auf den Hermannshöhenweg. Meine Entscheidung begünstigen die Tatsache, dass ich noch nie in der Region war und die berühmte Varusschlacht, die ich interessant fand. Zudem verabredete ich mich mit einem Freund, der in einer Stadt auf dem Hermannshöhenweg wohnte.

Etappe 1: Rheine – „Schöne Aussicht“

  • Datum: 13.06.2019
  • Entfernung: 24 Kilometer

Am 12.06., dem Vortag meiner ersten Etappe, reiste ich mit dem Zug nach Rheine, wo der Hermannshöhenweg anfängt. In der Touristeninformation kaufte ich den aktuellen Reiseführer zum Weg und tauschte mich mit den Mitarbeitern über den Weg aus. Da ich etwas außerhalb der Innenstadt übernachtete und der Tag noch hell und angenehm war, lief ich zu Fuß weiter, zuerst an der Elms entlang, dann durch ein Naturschutzgebiet.

Auf dem Weg zu meiner Unterkunft lief ich auch am geschichtsträchtigen Falkenhof vorbei. Während der Sachsenkriege (772 – 804) ließ Kaiser Karl der Große (747 – 814) eine flache Stelle an der Ems, welche die Überquerung des Flusses erleichterte, durch ein Königsgut namens Reini schützen. Die „Villa Reni“ zog Händler und weitere Bewohner an und die Stadt entwickelte sich weiter. Kaiser Ludwig der Fromme schenkte 838 den Hof der Reichsabtei Herford, die ihn nach einigen Jahrhunderten an adelige Familien verpachtete. Heute heißt das Anwesen „Falkenhof“, nach der Pächterfamilie „von Valcke“, die es 1371 bekam. Heute befindet sich im Falkenhof das städtische Museum.

Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Bus zum Hauptbahnhof und lief zur Touristeninformation, dem Startpunkt der ersten Etappe. Hier begegnete ich einer Wanderin aus Utrecht in Holland, die ich kurze Zeit später am Stadtausgang wiedergesehen hatte. Bemerkenswert fand ich, dass sie mit einem Zelt unterwegs war. Da ich noch etwas zum Essen kaufen wollte, verabschiedete ich mich von der Wanderin. Ich traf sie später nicht mehr.

Die ersten Kilometer des Weges verlaufen durch die Stadt und an der Ems entlang, um dann ein Naturschutzgebiet zu durchqueren. Am Abend davor las ich noch im Reiseführer in meiner Unterkunft, dass sich hier ein Truppenübungsplatz befindet und die Wanderer einen Umweg in Kauf nehmen sollten, wenn die Bundeswehr hier ihre Übungen durchführt. Da ich keine entsprechenden Hinweise gesehen oder Geräusche gehört hatte, ging ich davon aus, dass ich das Gebiet bedenkenlos passieren kann. Leider hörte ich nach wenigen Minuten die ersten Schüsse. „Soll ich weitergehen oder lieber umkehren?“, fragte ich mich. Ich beschloss, weiterzugehen, weil ich bereits zu weit gekommen bin. Mit einer Navigationsapp auf meinem Smartphone suchte ich die beste Umleitung und beeilte mich, um die militärische Übungszone so schnell wie möglich zu verlassen. Unterwegs traf ich Spaziergänger, Jogger und Gassigeher, denen die Schießübungen gleichgültig waren. So gefährlich schien der Abschnitt doch nicht zu sein.

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Bevergern

Nachdem ich das militärisch genutzte Gebiet verlassen hatte, lief ich teilweise an der Straße und später an einem kleinen Bach entlang. Gegen die Mittagszeit erreichte ich das Örtchen Bevergern mit seinen Mühlen und pittoresken Fachwerkhäusern. Am Stadteingang machte ich in einer Eisdiele Pause, auch um mich von der Sonne zu erholen, die an dem Tag sehr stark war.

In der Innenstadt traf ich einen älteren Herren, der mit seinem Fahrrad die Markierungen der Wanderwege abfuhr, um sie mit einem Pinsel und Farbeimer zu erneuern. Ich sprach ihn an und bedankte mich bei ihm für seine Arbeit. Dabei musste ich an die ganzen Kilometer und Wege denken, die ich in den letzten Jahren zurückgelegt hatte und dachte an die vielen unsichtbaren Helfer, die sich um die Pflege der Wanderwege kümmerten.

Beginn des Teutoburger Waldes

Kurz nach Bevergern überquerte ich den Dortmund-Ems- und Mittellandkanal. Der Kreuzpunkt der beiden Kanäle heißt „Nasses Dreieck“. Hier, bei der Stadt Hörstel, beginnt der sichtbare Bereich des Teutoburger Waldes. Über eine kleine Steigung gelangte ich auf den Bergrücken des berühmten Mittelgebirges, das sich wie ein schlafender Drache von Hörstel bis Horn-Bad Meinberg im Südosten erstreckt. Bis hierhin war die Strecke sehr eben, hier gewinnt der Hermannsweg an Höhenmetern. Unweit vom „Nassen Dreieck“ erinnert ein Gedenkstein an den Wiener Segelflieger Robert Kronfeld (1904 – 1948), der 15.05.1929 hier den ersten Segelflug über 100 Kilometer (102,2 km) schaffte. Er nutzte dafür als erster Pilot die Thermik, aufsteigende Luftmassen, die entstehen, weil die Sonneneinstrahlung die Luft in Bodennähe erwärmt.

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Im Wald sah ich auf mehreren Bäumen Nester von Eichenprozessionsspinnern, vor welchen bereits Schilder in Rheine warnten. Auch an kommenden Tagen sah ich immer wieder Warnschilder und Nester von diesen kleinen aber giftigen Raupen.

Am frühen Nachmittag erreichte ich den Aussichtspunkt „Schöne Aussicht“, der in meinen Augen seinem Namen nur teilweise gerecht wird. Zu viele moderne Windmühlen und Häuser für meinen Geschmack. Dafür hatte ich an dem Tag genug andere sehenswerte Aussichten. Unterhalb der „Schönen Aussicht“ befindet sich Riesenbeck, ein Stadtteil von Hörstel, wo ich eine Unterkunft reserviert hatte. An dieser Stelle verließ ich den Fernwanderweg und lief über eine breite Treppe, die sogenannte Himmelsleiter, um nach Riesenbeck und zu meiner Pension zu kommen.

Etappe 2: „Schöne Aussicht“ – Malepartus

  • Datum: Freitag, 14,06.2019
  • Entfernung: 32 Kilometer

Nach einem entspannten Frühstück verabschiedete ich mich von meinen Gastgebern und kehrte über die Treppe zum Hermannsweg zurück. Die heutige Tagesetappe ist sehr lange ausgefallen, es war sogar die längste Etappe, wie es sich am Ende herausgestellt hatte. Zumal ich die zusätzlichen An- und Abstiege zu und von den Unterkünften nicht in die einleitende Entfernungsangabe dazugezählt hatte, weil die Orte neben dem Weg liegen.

Nach wenigen Kilometern traf ich Ines, die ebenfalls auf dem Hermannshöhenweg wanderte. Sie erzählte mir von ihrer Arbeit als Technische Autorin und ihren Wanderungen. Jedes Jahr macht sie einen Wanderurlaub und dadurch kennt sie schon viele Wanderregionen in Deutschland und darüberhinaus.

Gemeinsam liefen wir bis zum ersten Wanderhighlight der Tagesetappe, den Dörenther Klippen. Viele der Felsformationen aus Sandstein haben einen Fantasienamen und die ungewöhnlichen Klippen inspirierten Menschen zu allerlei Sagen und Märchen. Das berühmteste Beispiel ist das „Hockende Weib“. Der Legende nach lebte hier vor vielen Jahren eine Frau mit ihren Kindern. Damals reichte das Meer bis zu den Bergen und als eines Tages das Wasser die Kinder bedrohte, sagte die Mutter ihren Kindern, sie sollen auf ihre Schultern klettern. Sie betete zu Gott, dass er die Kinder rettet. Sie erstarrte zu Stein, die Kinder konnten sich aber in Sicherheit bringen.

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Einige Kilometer nach den Klippen wollte Ines eine Pause machen, weil sie sich lieber in der Natur ausruhen wollte statt in Tecklenburg, der nächsten Stadt. Ich konnte nicht mit ihr Pause machen, weil ich noch weit laufen musste. Wir verabschiedeten uns und wünschten uns noch eine gute Wanderung.

Gleich danach traf ich einen Mann, der mit seinem Hund Gassi ging. Er begleitete mich für einige Minuten und wir unterhielten uns über die Vorzüge des Teutoburger Waldes und meine erste Erfahrungen mit dem Hermannsweg.

Bald kam ich in Tecklenburg an und war vom kleinen Städtchen begeistert. Neben seinen bunten und gut erhaltenen Fachwerkhäusern aus der Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ist der Luft- und Kneippkurort auch für seine Freilichtbühne und das Wasserschloss Haus Mark oder die Burg Tecklenburg bekannt. Die Burg wurde Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet, um den Handelsweg Lübeck – Bremen – Münster – Köln zu bewachen.

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Die Bergstadt verließ ich auf dem alten Postweg zwischen Tecklenburg und Münster, worauf eine Tafel erinnerte. Demnach dauerte die Fahrzeit der Postkutsche 6 bis 7 Stunden. Beim Verlassen der Stadt führt der Wanderweg am Landhaus „Wolfsmühle“ vorbei.

Entlang des Hermannshöhenweges laden immer wieder kleine Abzweigungen zu Abstechern ein, es sind Wanderwege, die unter dem Namen „Teutoschleifen“ und „Teutoschleifchen“ zusammengefasst sind. Da ich aber an jenem Tag eine lange Strecke vor mir hatte, hielt ich mich an die klassische Strecke. Bei Langerich beobachtete ich eine Ziegenherde, die sich vor Hunden der zwei Hundebesitzerinnen verunsichern ließen.

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Der Tag ist länger und länger geworden, die mehr als 32 Kilometer bereits am zweiten Tag waren merklich eine Herausforderung. Die Hitze war spürbar und mein Wasserbedarf enorm. Ich rief meinen Gastgeber an, um ihm mitzuteilen, dass ich erst später ankommen werde. Die letzten Kilometer verliefen entlang des riesigen Steinbruchs bei Lengerich.

Im Malepartus, einem Weiler im Wald, machte ich in der gleichnamigen Gaststätte Pause, auch um mehr Wasser zu trinken, bevor ich wieder den Kammweg verließ, um in die Ortschaft Lienen zu kommen. Insgesamt gab es wenige Übernachtungsmöglichkeiten, die direkt auf dem Wanderweg lagen, meistens musste ich den Weg für einige Kilometer verlassen, um zu meiner Unterkunft zu gelangen.

Ich kam später als geplant in Lienen an, dafür erlebte ich einen faszinierenden Sonnenuntergang. Der freundlich Wirt empfing mich und zeigte Verständnis für mein spätes Erscheinen. Der Abend war sommerlich-mild und ich versank nach dem ereignisreichen Tag in einen tiefen Schlaf.

Quelle

https://hermannshoehen.teutoburgerwald.de/
https://rp-online.de/leben/reisen/wandern-unter-wortkargen-westfalen_aid-11626601
https://www.ibbenbueren.de/staticsite/staticsite.php?menuid=572&topmenu=13
https://www.ibbenbueren.de/staticsite/staticsite.php?menuid=572&topmenu=13
https://www.dw.com/de/varusschlacht-als-die-germanen-mal-die-r%C3%B6mer-%C3%BCberraschend-besiegten/a-39857364
https://www.rheine.de/kultur-freizeit-tourismus/kunst-und-kultur/museen-und-ausstellungen/249.Falkenhof-Museum.html
Norbert Rother, Marie-Luise Großelohmann, Dieter Großelohmann: "Hermannsweg - Eggeweg", Welver 2013, S. 30, S 41 und S. 51

18 Antworten auf „Auf den Spuren von Arminius [Hermannshöhenweg 1]

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  1. Moin Dario,

    vielen Dank für diesen interessanten Bericht und die Fotos. Ich war noch nie in dieser Ecke Deutschlands. Nun kann ich zumindest ein wenig mitreden, wenn es um Hermann, den Cherusker, den Teutoburger Wald, das Eggegebirge und den Hermannshöhenweg geht 🙂 Bin schon auf den zweiten Teil Deines Berichts gespannt.

    Viele Grüße aus Nürnberg

    Christof

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      1. Liener und tatsächlich einige Wege, bei denen ich gar nicht so genau weiß, zu welchen Gemeinden sie gehören: Ich war dort mal in einer Halbmarathon-Vorbereitung mit Verwandtschaft, die dort lebt, unterwegs, um ordentlich Kilometer zu machen. Die familiäre Begleitung auf dem Fahrrad hielt mich derweil bei Laune und kannte die Gegend sehr gut 🙂

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          1. regelmässig muss ich das auch nicht haben – war mal eine coole Erfahrung. Ansonsten laufe ich, um zu Laufen, nicht für Zeiten oder Wettkämpfe und in zwanzig Jahren laufe ich dann hoffentlich immer noch 🙂 LG

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  2. Entschuldige bitte vielmals Dario! Ich war jetzt schon ewig nicht mehr auf deinem Blog. Wäre nicht Hermine wieder auf Franziskus‘ Spuren unterwegs, hätte ich die wohl wieder nicht gefunden. Ich hoffe dir geht es gut, und du hast doch großes Gottvertrauen bzw. warst auch nicht „beim Bund“, oder? Im militärischen Übungsgebiet wäre ich, auch wenn noch so viele sorglos rumlaufen, sofort in Deckung gegangen. 😉 Ich hatte da während meiner GWD-Zeit so mache Dinge erlebt, die mich an der Schußgenauigkeit zweifeln liessen und lassen. 😉 Tolle „Tour“ übrigens. Danke für die schöne Darstellung. LG Michael

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    1. Hi Michael, für mich ist es kein Problem, melde dich gerne, wenn du Zeit hast 🙂 Ich habe Zivildienst gemacht. Der Umweg, den ich gemacht habe, war hoffentlich ausreichend, ich hatte trotzdem ein mulmiges Gefühl. Mich hat es nur gewundert, dass sie die Leute nicht ausreichend und tagesaktuell vorwarnen, sondern nur „auf eigene Gefahr…“ schreiben. Danke dir und liebe Grüße, Dario 🙂

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