Befreundete Wege

Was bedeutet „Heimat“? Ist es ein Ort? Ein Gefühl? Oft ist dieser Begriff ein gewichtiges Thema, das heutzutage teilweise hitzig diskutiert wird. Wer gehört dazu und wer nicht? Darf jede:r dazugehören oder muss sie/er bestimmte Bedingungen erfüllen, um dazugehören zu dürfen? Wer entscheidet das? Gibt es nur eine Heimat oder kann es mehrere geben? Häufig sind dies bewegende Fragen.

Für manche Menschen ist es klar, sie wohnen schon immer „hier“, das ist ihre Heimat. Andere wiederum bleiben immer auf der Suche oder sehen die Heimat als einen fernen, sogar fremdgewordenen Sehnsuchtsort an. Oder sie bleiben für immer „irgendwo dazwischen“. Und manche Heimatländer gibt es nicht mehr, denken wir an die Zeit nach 1989.

Hermann Hesse (1877 – 1962) ließ in seinem Roman „Demian“ eine Figur folgenden Satz sagen:

„Heim kommt man nie“, sagte sie freundlich. „Aber wo befreundete Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze Welt für eine Stunde wie Heimat aus.“

Die Figuren im Roman „Demian“ sind Suchende, sie stellen sich Fragen nach ihrer geistigen Heimat. Mehr ein „wo gehöre ich hin?“, als „wo komme ich her?“ Sie sind auf der Suche nach einem Zugehörigkeitsgefühl. Wenn einander wohlmeinende, freundlich gesinnte Menschen zusammenkommen, dann fühlen sie sich in dem Augenblick verstanden, in der „Heimat“. Zumindest für eine kurze Zeit.

Die Textstelle ist mein Gedanke des Monats Mai. Er ist wie immer im unteren Bereich meines Blogs bis zum Monatsende und auf der Seite mit den bisherigen Gedanken des Monats zu finden.

Ich finde, jeder sollte diese Frage nach der Heimat und dem Heimatgefühl für sich beantworten können. Auch die Frage nach der Anzahl und Art finde ich individuell. Die Antworten sind so vielfältig und einzigartig wie die Menschen.

Quellen

Titelbild: Befreundete Wege, Dario Schrittweise
Hermann Hesse, (1877 – 1962) deutschsprachiger Schriftsteller, Dichter, Maler und Literaturnobelpreisträger, aus: "Demian: Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend", Suhrkamp Taschenbuch, S. 164.

18 Kommentare zu „Befreundete Wege

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  1. Ja, genau so! So ein Ort ist außerdem virusfrei und bombensicher. Antoine de Saint-Exupéry hatte auch eine interessante Vorstellung über seine Heimat. Er sagte: „Ich gehe weit in meine Kindheit zurück. In die Kindheit, jenes weite Land, von dem jeder herkommt. Woher stamme ich? Ich stamme aus meiner Kindheit. Ich stamme aus meiner Kindheit wie aus einem Land.“
    Liebe abendliche Grüße, Sophie Mai

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  2. Hallo Dario, dein Beitrag gefällt mir sehr. Ich denke auch, dass jeder von uns eine eigene Vorstellung hat, was und wo seine „Heimat“ ist. Besonders in unserer Welt voller Veränderungen. Für mich ist die Heimat ein geheimer Ort, wo ich meine Erinnerungen aufbewahren kann. Ein Ort, wohin ich immer zurückkommen kann. Ein Ort der Utopie.
    LG. Sophie Mai

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    1. Guten Abend Sophie, Heimat als ein utopischer Ort – die Vorstellung gefällt mir auch. So können wir gedanklich an diesen Ort zurückkehren und Kraft schöpfen. Liebe Grüße, Dario 🙂

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  3. Heimat ist ja oft mehr ein Gefühl als ein Ort, gerade wenn man eben nicht den Herkunftsort als eigene Heimat sieht. Und wenn man dann in eine ehemalige Heimat zurückkommt, merkt man oft, dass man sich plötzlich gar nicht mehr so verbunden fühlt. Das Herz reist mit und plötzlich werden ganz neue Orte zu einem zu Hause.

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    1. Hallo Queen All, das ist ein sehr poetisches Bild: „Das Herz reist mit“, es gefällt mir. Für jeden Menschen ist es wohl anders. Danke dir für deine Gedanken, ich wünsche dir einen angenehmen Sonntag! 🙂 Liebe Grüße, Dario 🌞

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  4. Das Gefühl von Heimat kam auf, als ich NY zum zweiten Mal besuchte. Ich mochte diese etwas dreckigen Strassen, das war es, was ich vom 1. Kurzbesuch her noch „intus“ hatte.

    Wenn ich heute in meine alte Heimat fahre, ist es zuletzt wie eine Urlaubsfahrt. also etwas, das ich neu erlebe. So als würde ich nach Italien fahren, aber es ind nur 40 km Fahrt.

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  5. eine nicht leicht zu beantwortende Frage, wo Heimat ist. Heimat war für mich stets der Ort, an dem ich aufgewachen bin, wo Familie, Freunde und Verwandte sind. Dort, wo ich mich geborgen fühle, mich auskenne, mir Luft, Licht, Landschaft, Sprache, Gewohnheiten, Kultur und „Eigenschaften“ von Land und Leuten vertraut sind. Meine „Wurzelheimat“, wie ich sie nenne. Nun ist sie „weg“, weil der Ort meiner „Zuflucht/Heimat“ aus „meinen Händen gleitet“ aufgrund dem Tod meiner Eltern und der Verkauf des Hauses…… ich bin schon vor vielen Jahren weg gezogen… aber Heimat blieb Heimat. Das „neue Zuhause“ habe ich irgendwie noch nie Heimat genannt.
    Hier im „neuen selbstgewählten Zuhause“ , bin ich zuhause und lebe ich. Aber Heimat ist dort, wo ich verwurzelt bin…..

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    1. Hallo genankenmeehr, Heimat kann auch eine Welt sein, die nur noch in unserer Erinnerung existiert. Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn ziehen weg oder sind nicht mehr da und das Viertel sieht nach Jahren anders aus. Trotzdem bleiben die Erinnerungen, die uns an die früheren Zeiten erinnern. Auch das kann eine Heimat sein. Sonnige Grüße und einen entspannten Samstag, Dario 🙂

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  6. Für mich war schon immer Heimat dort, wo mein Herz ein Zuhause hat und dein Beitrag gefällt mir wieder sehr gut!
    Liebe Grüße und hab ein schönes Wochenende ☀️🍀🌺

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