Häufig geschehen im Alltag skurrile und denkwürdige Geschichten. Einige vergessen wir, wenn wir sie nicht gleich aufschreiben, wie den Traum von letzter Nacht. Ich habe drei als literarische Miniaturen des Alltags festgehalten. Ein Ritter und ein Roboter, der wieder die Schulbank drücken sollte.
Wie immer bleibt am Ende die Frage offen, welche der Geschichten sich wirklich so ereignet und welche ich frei erfunden habe. Doch oft schreibt das wahre Leben die verrücktesten Geschichten.
Der stumme Roboter
Vor drei Wochen kam mir in einem Restaurant ein Roboter entgegen. Er fuhr an den Tischen vorbei und sah mich lächelnd an. Seine Augen leuchteten und wechselten die Farbe, wie bei einer japanischen Anime-Figur.
Der kleine Roboter war ungefähr einen Meter hoch und breit wie ein Staubsaugroboter. Im Prinzip war das eine Geschirrablage auf Rädern. Ich nannte ihn scherzhaft „Humpty“.
Die Koordination des kleinen Flitzers war noch ungelenk. Wir mussten ihm jedes Mal Platz machen, damit er an unserem Tisch vorbeifahren konnte. Mehrmals fuhr er gegen Stühle, Tische und Abfalleimer.
Humpty reagierte nicht auf meine Ansprache. Entweder war er nicht darauf programmiert oder er war sogar darauf eingestellt, Restaurantgäste zu ignorieren. Wie bei den bekannten Computern aus den Medien oder von Techriesen. Nur ein Codewort würde sie aus dem Tiefschlaf wecken. Meist war es ein weiblicher Vorname oder einfach der Satz: „Computer! Bitte eine Tasse Tee zubereiten, Earl Grey“.
Doch vermutlich war die mobile Geschirrablage nur zu einfach gestrickt, um komplexere Befehle auszuführen. Zumindest in dieser Version.
„Warte nur, bis du meinen jüngeren Bruder kennenlernst, er kommt nächstes Jahr auf den Markt“, würde wohl Humpty wohl sagen, wenn er sprechen könnte oder wollte.
Während ich so nachdachte, zog der Roboter Humpty seine Kreise. Um genau zu sein, er fuhr gegen das nächste Tischbein.
Der Plastikritter
An einem Nachmittag schlenderte ich durch die Straßen von Wetzlar. Ich verbrachte dort einige Urlaubstage. Unvermittelt sprach mich ein Mann an. Er war ungefähr Anfang sechzig, mit grauem, lockigem Haar und einer runden Brille.
„Ich habe einen Schild gekauft, sehen Sie.“ Er zeigte mir stolz sein Plastikschild. „Nur 50 Cent hat er gekostet“, sagte er mit der stolzen Stimme eines erfolgreichen Schnäppchenjägers. „Damit kann ich mich gut verteidigen.“
Warum sagte er das ausgerechnet mir? Eine ungewöhnliche Situation. Und was wollte er mit einem Plastikschild tun?
„Hm, mit dem Spielzeugschild können sie kaum etwas ausrichten. Und was ist mit größeren Gefahren?“ Ich wollte sehen, wohin das Ganze hinführen würde. Mir kam das Gespräch ziemlich seltsam vor, ich wollte den Mann aber nicht kränken und machte mit.
„Ach, lassen Sie uns nicht paranoid werden“, antwortete er lächelnd.
Ist es nicht zu spät dafür? Doch ich behielt meine Gedanken für mich. „Da haben Sie recht“, erwiderte ich stattdessen.
„Jetzt muss ich aber weiter. Alles Gute!“ Der moderne Don Quichotte verabschiedete sich von mir.
Ich erwiderte den Gruß.
Der Mann ging zufrieden mit seinem Plastikschild weiter.
Ich fand ihn sympathisch, trotz seiner speziellen Art. hoffentlich würde er seine Windmühle finden. Vermutlich würde sie auch aus Plastik sein.
Auf dem Wochenmarkt
Wochenmärkte sind für mich eine Erinnerung an die alten Zeiten. Sie sind ein Gegenpol zu den kalten Selbstbedienungskassen der Supermärkte, die wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden schießen.
In Nürnberg und Umgebung kenne ich einige Wochenmärkte, die zum Verweilen einladen. Hier kommt man mit den Verkäuferinnen und Verkäufern schnell ins Gespräch. Vor einigen Wochen bin ich zu einem dieser Märkte gegangen.
Ich habe an mehreren Ständen mit der Karte eingekauft. Doch am letzten Stand ist eine Bezahlung nur mit Bargeld möglich gewesen. Ich habe nicht genug dabei gehabt und wollte schon die Ware zurücklegen lassen, doch der Verkäufer hat mit gesagt, ich soll im neuen Jahr bezahlen.
Der Betrag ist nicht sehr hoch gewesen, ca. 5 €, aber ich wollte meine Schulden gleich begleichen. Die Ware habe ich zwar entgegengenommen, doch ich bin zur nächsten Bankfiliale gegangen, um Bargeld abzuheben. Als ich zurückgekehrt bin, habe ich dem Verkäufer das Geld und zusätzlich Trinkgeld gegeben. Daraufhin hat er mir eine belegte Focaccia geschenkt .
Für mich sind solche Begegnungen ein positives Beispiel für ein respektvolles Miteinander. Der Verkäufer hat mir vertraut, dass ich die Rechnung später begleichen werde und mir war es wichtig, so schnell wie möglich für klare Verhältnisse zu sorgen. Zumal mir bewusst gewesen ist, dass die kleinen Händler oft zu kämpfen haben, um zu überleben.
Ich hoffe nur, dass uns die kleinen Wochenmärkte erhalten bleiben werden.
Titelbild
Foto: Der Wochenmarkt, Rechte: Dario Schrittweise
Entdecke mehr von Dario Schrittweise
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Eine Schöne Episode 🙂
Das Foto auf dem Titel sieht mir Interessant aus.
Leider gibt es in meiner Umgebung keine Wochenmärkte.
Ich zahle auch normalerweise mit Kreditkarte.
Auch an den Ständen kann man mit de Karte bezahlen! ich bin ein bisschen überrascht.
LikeGefällt 1 Person
Hi Rumiko, das wird immer gewöhnlicher. Vermutlich wird es in den kommenden Jahren sogar noch beliebter werden, bargeldlos zu zahlen. LG Dario 🙂
LikeGefällt 1 Person
Ich liebe Wochenmärkte, da fühlt man sich noch als Mensch und nicht als anonyme Kundschaft, wie das in den großen Supermärkten häufig der Fall ist.
LikeGefällt 1 Person
Ja, das finde ich auch. Hier kommt man auch schneller miteinander ins Gespräch. LG Dario 🙂
LikeGefällt 1 Person