Golden schimmern die Sonnenkugel, der Mond und die Sterne. Den Hintergrund bildet eine smaragdgrüne Bronzescheibe. Ein Schiff segelt über den Himmelsozean. So haben sich die Menschen der Bronzezeit den Kosmos vorgestellt, als sie die Himmelsscheibe von Nebra entworfen haben.
Der Fund der Himmelsscheibe vor 25 Jahren
Die Entdeckung der Himmelsscheibe hört sich wie ein Krimi an. Gefunden wurde die Scheibe zufällig von zwei illegalen Sondengängern am 04.07.1999 auf einem Feld auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt. Vor genau 25 Jahren. Die Entdecker haben vermutlich gar nicht geahnt, wie bedeutend das Artefakt gewesen ist.
Das Artefakt hat illegal die Besitzer gewechselt, im Jahr 2002 haben die Händler geplant, ihren Fund auf einer Auktion zu verkaufen. Im letzten Moment sind sie von Spezialermittlern daran gehindert worden. Beteiligt daran sind die Basler Polizei, das Landeskriminalamt, das Kultusministerium und das Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt gewesen. Zum Glück ist es ihnen gelungen, sie am Verkauf zu hindern, wie es sich später herausgestellt hat.
Die Bedeutung und Untersuchungen
Untersuchungen haben ergeben, dass die Himmelsscheibe mehrmals geändert worden ist. Die Wissenschaftler:innen haben drei Phasen festgestellt, jedes Mal sind neue Elemente hinzugefügt, Details geändert worden. Daran haben verschiedene Generationen gearbeitet und mit der Zeit hat sich auch das Weltbild der Menschen gewandelt, was auch an den Änderungen an der Himmelsscheibe nachvollzogen werden kann.
Auf der Himmelsscheibe werden der Tag- und Nachthimmel mit Sternen, der Sonne und dem Mond darstellt. Dazwischen ist eine Art Schiff zu sehen, das auf eine mystische Bedeutung der Scheibe hindeuten könnte. Zwei Horizontbögen vervollständigen das Bild der Himmelsscheibe. Sie stehen vermutlich für den Sonnenauf- und Sonnenuntergang, wie einige Wissenschaftler:innen es vermuten. Der zweite Bogen ist im dritten Überarbeitungsschritt teilweise entfernt worden. Er kann noch an den Umrissen erkannt werden.
Eine vollständige Interpretation der Symbole und der Verwendung der Bronzeplatte ist den Wissenschaftler:innen noch nicht gelungen. Die Bronzeplatte könnte eine Art kalendarische, rituelle oder politische Funktion gehabt haben. Auf jeden Fall ist darauf astronomisches Wissen jener Zeit dargestellt. Die Himmelsscheibe könnte auch als ein Messinstrument eingesetzt worden sein, als eine Art „astronomische Erinnerungsstütze (Memogramm)“, wie die Webseite des Besucherzentrums in Nebra sie bezeichnet.
Ich finde die Himmelsscheibe auch aus der künstlerischen Perspektive sehr wertvoll. Künstler:innen haben schon immer das aktuelle Wissen über die Naturphänomene in ihren Werken verewigt und künstlerisch gestaltet. Auch mehrfache Nutzungsszenarien sind denkbar.
Was wir mit Sicherheit wissen ist, dass die Scheibe insgesamt 100 bis 200 Jahre benutzt und dabei mehrfach verändert worden ist. Die Bronzezeitmenschen haben sie vor etwa 3.600 Jahren auf dem Mittelberg bei Nebra mit Grabbeigaben wie zwei Bronzeschwertern,
zwei Beilen, einem Meißel und zwei spiralförmigen Armreifen begraben. Die Himmelsscheibe zeugt von einem bemerkenswert detaillierten Wissen und Ergebnissen von jahrelangen Himmelsbeobachtungen der Bronzezeitmenschen. Einige Wissenschaftler:innen haben auch vermutet, eine bestimmte Gruppen von Sternen identifiziert zu haben, wie die Plejaden. Diese Theorie ist jedoch umstritten.
Laut der UNESCO-Kommission zählt die Himmelsscheibe zu den ältesten „bekannten Darstellungen kosmischer Phänomene“. Zu den Phänomenen gehört die unterschiedliche Länge des Sonnen- und Mondjahres. Sie kann mit einer Schaltregel berechnet werden, die auf der Himmelsscheibe abgebildet ist.

Ein wichtiger archäologischer Fund
Die Himmelsscheibe gehört zu den bedeutendsten archäologischen Funden in Deutschland. Deswegen wurde sie im Juni 2013 in das UNESCO-Dokumentenerbe „Memory of the World“, aufgenommen.
Nach einer Restaurationsphase wird die Bronzescheibe seit 2008 in der Dauerausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle ausgestellt. In Nebra gibt es auch eine Ausstellung, allerdings mit einer Kopie der Himmelsscheibe.
Ich habe die Himmelsscheibe im Landesmuseum in Halle Ende 2022 aus nächster Nähe gesehen. Es war überwältigend, ein so bedeutendes Artefakt im Original bewundern zu können. Ich finde es schon beeindruckend, wie präzise die Menschen der Bronzezeit die Naturphänomene erfasst haben, obwohl sie im Vergleich zu heute über begrenzte Mittel verfügt haben.
Quellen
Titelfoto: Die Himmelsscheibe von Nebra, Rechte: Dario Schrittweise https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/himmelsscheibe-von-nebra.html (zuletzt abgerufen am 12.07.24) https://www.unesco.de/kultur-und-natur/weltdokumentenerbe/weltdokumentenerbe-deutschland/himmelsscheibe-nebra (zuletzt abgerufen am 12.07.24) https://www.himmelsscheibe-erleben.de/ihr-besuch/besucherinformation/die-himmelsscheibe-von-nebra (zuletzt abgerufen am 12.07.24)
Entdecke mehr von Dario Schrittweise
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Sowohl wissenschaftlich interessant, als auch ein schönes Stück „Kunsthandwerk“ der damaligen Zeit – gut, dass es letztlich der Öffentlichkeit präsentiert und untersucht werden konnte! 🙂
LikeGefällt 1 Person
Hi Chris, ja, es ist ein ganz besonderes „Fundstück“. Liebe Grüße, Dario 🙂
LikeLike
Hallo Dario
Wie groß ist die Himmelsscheibe?
LikeGefällt 1 Person
Hi Nati, die Himmelsscheibe misst ca. 32 cm im Durchmesser. Und wenn wir schon bei Zahlen sind: sie hat eine variable Dicke, mit 4,5 Milimeter in der Mitte und ca. 1,8 Milimeter am Rand. Außerdem ist sie etwas mehr als 2 Kilogramm schwer. 🙂 Sprich, nicht sehr klein und leicht, aber auch nicht allzu schwer.
Liebe Grüße,
Dario
LikeGefällt 1 Person
Danke dir.
Ich hatte sie mir schon größer vorgestellt, das Gewicht überrascht dann aber doch.
Liebe Sonntagsgrüße zu dir.
LikeGefällt 1 Person
Ich schätze mal, dass die Scheibe anfangs leichter war und durch die Veränderungen und Ergänzungen immer schwerer wurde. Sonnige Grüße zurück 🙂
LikeGefällt 1 Person
Viele Zeitgenoss:innen tun gerne so, als hätten Forschung und Wissenschaft ihren Ursprung in unserer Zeit, und alles, was ein paar Jahrhunderte zurückliegt, wäre dunkel und „primitiv“ gewesen. Aber dem ist nicht so!
Ich habe in Berlin mal eine Kopie der Himmelsscheibe gesehen – es ist schon ein sehr faszinierendes Artefakt.
LikeGefällt 1 Person
Hallo Martha, ja, so sehe ich es auch, unsere Vorfahren waren viel intelligenter und raffinierter, als häufig gedacht. Die Himmelsscheibe ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Liebe Grüße, Dario 🙂
LikeGefällt 2 Personen