Fantasiewelten von André Franquin

Die meisten werden es wohl schon erraten haben: hinter dem Erfinder von Gaston verbirgt sich kein geringer als André Franquin  (1924 – 1997), der große franco-belgische Comicautor.

André Franquin: Bretzelburg und schwarze Gedanken

André Franquin kam am 03.01.1924 in Brüssel zur Welt. 1943 besucht er die Kunsthochschule Saint-Luc, die allerdings wegen des Krieges 1944 schließen musste. Danach arbeitete Franquin bei der Brüsseler Zeichentrickfilmproduktionsfirma CBA, die wegen der großen Konkurrenz durch die Disney-Filme aufgeben musste. Anfang 1946 fand er eine Anstellung als Illustrator für die Rundfunkzeitung Le Moustique beim Verlag Dupuis, um bald zu dessen Comic-Magazin Spirou zu wechseln.[1] Im selben Jahr, im Alter von 23 Jahren, hat er die Titelseite für Spirou gezeichnet. Franquin übernahm die Arbeit an Comic-Reihe Spirou und Fantasio, die 1938 vom Comic-Autor Rob-Vel erdacht und seit 1944 von Jijé betreut worden war. Erst Franquin, der als dritter Zeichner 1946 mit der Kurzgeschichte „Der Panzer“ in die Comic-Serie eingestiegen ist, verhalf der Reihe zu ihrem Ruhm. [2]

1955 wechselte Franquin wegen Vertragsunstimmigkeiten zum Verlag Lombard, einem Konkurrenten von Dubois, für dessen Magazin Tintin er die Comicserie „Mausi und Paul“ zeichnete. Bald kehrte er jedoch zu Dubois zurück und setzte „Spirou und Fanatsio“ fort. [3] Zu einigen der bekanntesten Alben von Spirou und Fantasio, die unter seiner Federführung entstanden sind, zählen beispielsweise „Der Zauberer von Rummelsdorf“, „Champignons für den Diktator“, „Der Plan des Zyklotrop“ sowie „QRN ruft Bretzelburg“.

1957 betrat auf einer Zeichnung in der 985. Ausgabe von Spirou und Fantasio der tollpatschige Bürobote Gaston die Spirou-Redaktion. Bis zum Ende des selben Jahres wurde er zum Protagonisten zuerst halbseitiger dann ganzseitiger Comic-Strips.[4] Gastons vollständiger Name lautet Gaston Lagaffe – „La gaffe“ bedeutet auf Deutsch „der Schnitzer“, „das Ungeschick“ oder „der Ausrutscher“ [5]. So zeichnen sich auch seine Episoden als Gagfolgen von mehreren Ungeschicken aus, mit denen er seine Mitmenschen in den Wahnsinn treibt.

1978 entwarf Franquin eine Serie von Gags mit schwarzem Humor, die er an das erwachsene Publikum richtete: die „Schwarzen Gedanken“ („Idées Noires“). Seine Schwarzen Gedanken bildeten einen Gegensatz zu den bunt-fröhlichen und in erster Linie an Kinder und Jugendliche gerichteten Welten von Spirou und Fantasio und Gaston.

André Franquin gilt neben Hergé als der wichtigste stilprägende Comic-Zeichner Europas. Sein Comicstil entsprach der École Marcinelle. Während Hergé mit der Zeichenschule ligne clairé eine strenge Zeichenvorlage entwarf, vertrat die École Marcinelle, geprägt vom Comicautor Jije, „fröhliche Anarchie und ironische Übertreibung“. [6]

1974 erhielt er auf dem Comic-Salon in Angoulême den Prix Alfred für sein Lebenswerk. Franquin starb am 05.01.1997 in Nizza.[7]

By Xavier Dauga (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
André Franquin (Foto: Xavier Dauga (eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons)

Andere Comicautoren im Quiz

Die anderen Comicautoren, die im Quiz zur Auswahl stehen, würden einen eigenen Blogbeitrag verdienen, weil sie einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Comics in Europa hatten. Maurice de Bevere (1923 – 2001), auch unter dem Künstlernamen Morris bekannt, ist der Comicvater von Lucky Luke, dem Cowboy, „der schneller als sein Schatten schießt“. Jean Giraud (1938 – 2012) war ebenfalls ein stilprägender Comicautor. Unter dem Künstlernamen Gir schuf er mit Jean-Michel Charlier für das französische Magazin Pilote den Comicklassiker Leutnant Blueberry. Mit dem Namen Moebius entwickelte er mit einem völlig eigenständigem und von seinen Western-Comics unabhängigem Zeichenstil seine Science-Fiction-Comics Arzach, John Difool, Herrscher der Zeit, Die Sternenwanderer uvm. Giraud beteiligte sich ebenfalls als Produktions- und Kostümdesigner sowie Storyboard-Zeichner an Filmen Alien, Tron, Abyss – Abgrund des Todes und Das Fünfte Element. [8]  Joseph Gillain (1914 – 1980), alias Jijé, beeinflusste viele Generationen junger Comicautoren. Er zeichnete u.a. Jerry Spring, Spirou und Fantasio, Tanguy und Laverdure, sowie Der rote KorsarGeorges Prosper Remi (1907 – 1983) alias Hergé zählt zu den wichtigsten Comic-Autoren und beeinflusste mit Tim und Struppi und anderen Werken die Comic-Entwicklung in Europa.

Robbedoes op de rommelmarkt
Spirou und Fantasio, Street Art in Brüssel, (Fotograf: Stefflater / Mural: Yoann (eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0] via Wikimedia Commons)

Gratis Comic Tag

Am 13.05. fand der 8. Gratis Comic Tag statt. Wart ihr an dem Tag im Comicladen eures Vertrauens? Ich habe mich an dem Tag mit einem Freund in einem Comicfachgeschäft umgesehen, fand es dann ein wenig schade, dass in dem Comicladen nur Comics verschenkt wurden, jedoch keine weiteren Veranstaltungen vorgesehen waren. Gab es bei deinem Comichändler zusätzliche Veranstaltungen? Trotzdem finde ich den Comic Tag gut und wichtig, denn durch die Leseproben, die verschenkt werden, werden mehr Menschen zum Lesen von Comics motiviert.

Fußnoten

[1] Knigge, Andreas C.: "50 Klassiker Comic. Von Lyonel Feiniger bis Art Spiegelman", Gersenberg Verlag, Hildesheim 2004, S 129
[2] https://www.carlsen.de/urheber/andre-franquin/17495 (zuletzt abgerufen am 21.05.17)
[3] Knigge, S 129
[4] ebd.
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Gaston_%28Comic%29 (zuletzt abgerufen am 21.05.17)
[6] Knigge, S 129
[7] ebd.
[8] http://www.spiegel.de/kultur/literatur/comic-genie-moebius-ist-tot-der-mann-der-welten-im-traum-erschuf-a-820574.html (zuletzt abgerufen am 21.05.17)

Ein Kommentar zu „Fantasiewelten von André Franquin

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  1. Hallo lieber Herr schrittWeise,

    ihre Ansichten über das Medium Comic gefallen mir sehr gut. Auch für mich sind Comics Kunst. Man muss sie nur zu dechiffrieren wissen.

    Übrigens, wo waren sie die ganze Zeit, bevor sie aus dem Verborgenen zu uns gekommen sind? 😉 Und was haben sie noch vor? So eine Flut von Informationen, Gedanken und Fotodokumentationen… Von dieser Fülle bekomme ich noch „Kopfschmerzen“ 😉 Sie brauchen dringend eine riesige Bibliothek. Oder sogar zwei 😉

    Adé! 🙂
    Ihre Adriane Oliver.

    Gefällt 1 Person

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