Die Halle der Eisglut: Kristallsphäre [6.7]

In der vorletzten Fortsetzung sieht sich Alrond seinem schlimmsten Alptraum gegenübergestellt. Während der König geflohen ist, steuern die unheimlichen Zwillinge die Kristallsphäre auf Phoenixstein zu. Wird es Alrond gelingen, die Hauptstadt des Königreichs vor dem drohenden Untergang zu retten?

Die Erzählung „Die Halle der Eisglut“ ist der sechste und letzte Teil der Reihe „Geschichten aus dem Blauen Nebelgebirge“.

Was bisher geschah

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Die Halle der Eisglut [6.7]

Gemeinsam gelang es Lyssea und Alrond, den Holzstab zu bewegen. Der Energietransmitter begann, sich zu drehen. Ein blaues Leuchten erschien.
„Der Transmitter funktioniert wieder“, sagte Alrond.
Auf der Empore erzeugte die Dunkle Herrin einen Blitz, den sie aus dem Kraftfeld der Kristallsphäre speiste. Der Blitz entstand in der Wand der Sphäre und traf die Zwillinge, die ihr gegenüberstanden. Die Dunkle Herrin stieg die Treppe der Empore hinunter und stürzte.
Alrond und Lyssea eilten ihr zu Hilfe.
„Alrond, danke, dass du meine Kräfte freigesetzt hast“, sagte sie. Ihr Gesicht war blutverschmiert. „Doch leider kam es zu spät.“
„Was ist passiert?“, fragte Alrond.
„Die Zwillinge, sie haben mich schwer verletzt. Jetzt steuern sie die Sphäre auf Phoenixstein zu. Ihr müsst sie aufhalten und die Kristallsphäre ohne mich landen“, sagte die Dunkle Herrin.
„Wie?“ Alrond blickte verzweifelt um sich.
„Geht auf die Plattform, auf der ich vorhin mit den Zwillingen gekämpft habe. Dort findest du ein Steuerrad, wie auf einem Segelschiff, und zwei Seile. Zieht ihr am grünen Seil, hebt die Sphäre nach oben, zieht ihr am roten, sinkt sie.“
„Das schaffen wir“, bestätigte Alrond.
„Geh nur, ich werde mich um die Dunkle Herrin kümmern“, versicherte Lyssea.
Alrond nickte und kletterte auf die Empore. Dort steuerte der Zwilling die Sphäre, während Arsinoë reglos auf dem Boden lag.
„Du Mistkerl!“, rief Gedan, der Wechseling. „Du bist für das alles verantwortlich! Meine geliebte Schwester ist tot.“ Er hob eine Eisenstange vom Boden. Sie hatte ein spitzes Ende.
„Nein, ihr habt das verursacht, angestiftet vom König“, widersprach Alrond wütend. „So viel Leid und Zerstörung, nur wegen ein wenig Reichtum und des Landes der Dunklen Herrin und ihres Volkes.“
„Genug gebrabbelt!“ Der Zwilling stach zu, doch Alrond parierte die Eisenstange mit seinem Speer. Die Stange war viel kürzer, für Alrond war es ein leichtes Spiel, gegen Gedan zu kämpfen.
Plötzlich flog die Kristallsphäre dicht an einem Berg vorbei. Eine Felsspitze traf die Wand und zerbrach mehrere Kristallfacetten. Tausende Splitter flogen durch das Innere der Sphäre. Ein Ruck schüttelte alle kräftig durch.
Alrond fiel hin, konnte sich aber im letzten Augenblick am Steuerrad festklammern.
Schreiend verlor der Zwilling den Halt und fiel durch die kaputte Öffnung in den Abgrund.
Die Kristallsphäre flog in Schieflage weiter. Wer sich nicht festhalten konnte, flog ebenfalls durch die fehlende Wand hinaus.
Jetzt musste Alrond schnell handeln. Wie war es nochmal mit den Seilen? Vor ihm erschienen die Mauern von Phoenixstein. Dieser verruchten, doch trotzdem geliebten Stadt. Die Sphäre stürzte auf die Hauptstadt. Alrond ergriff das Ruder und drehte kräftig in die entgegengesetzte Richtung. Langsam, sehr langsam änderte Alrond die Flugrichtung der Kristallsphäre. Doch sie reagierte nicht mehr auf die beiden Seile. Der Schaden war zu groß. Er musste sie im Phoenixsteiner Meer zum Absturz bringen. Die Fallgeschwindigkeit nahm zu. Alrond drehte weiter am Steuerrad. Vor ihm tauchten Wälder und Felder auf. Weiter! Er musste weiterdrehen.
Da, die Libellenbucht! Er würde die Kristallsphäre in der Libellenbucht versenken müssen. Das Steuerrad knatterte laut, als er auf das vertraute Gelände navigierte. Ein Krachen ertönte und die Sphäre traf die Wasseroberfläche. Die Erschütterung warf Alrond um. Kurzzeitig verlor er das Bewusstsein.

Die Sphäre lag in der Bucht, zur Hälfte im Meer versenkt. Viele Facetten waren eingeschlagen. Rauch stieg aus einem gebrochenen Fenster.
Mitgenommen watete Alrond durch das seichte Wasser ans Ufer.
„Hallo, Alrond, wie ich sehe, sind wir im letzten Moment gekommen.“ Der Hauptmann der Garde von Phoenixstein trat auf ihn zu.
„Nein, ihr seid zu spät dran. Jetzt ist alles vorbei“, widersprach ihm Alrond.
„Nicht ganz, wir haben jemanden aufgelesen, den ihr unterwegs verloren habt.“ Er deutete auf zwei Gardesoldaten, die den Zwilling gefangen genommen hatten. „Er ist unweit von unserem Schiff ins Wasser gefallen. Wir haben ihn an Bord geholt.“
„Lasst mich los!“ Der Wechseling versuchte, sich zu befreien. Doch die Wachen waren stärker.
„Führt ihn ab!“, ordnete der Hauptmann an.
Die Männer zerrten Gedan gewaltsam weg.
„Das ist nicht vorbei!“, rief der Gefangene. „Hört ihr? Das ist noch lange nicht vorbei!“
„Ja, ja, das habe ich schon so oft gehört“, erwiderte der Hauptmann belustigt. „Lass dir endlich was Neues einfallen.“ Er schüttelte den Kopf.
„Und nun zu dir, Alrond: Ich freue mich, dich lebendig zu sehen.“
„Schön zu wissen“, antwortete Alrond.
„Das meine ich ernst. Auch wenn ich gesagt habe, dass ihr euch aus allen Angelegenheiten heraushalten solltest. Hoffentlich verstehst du jetzt, warum ich so misstrauisch gewesen bin. Ich wollte zuerst herausfinden, wer alles in die Verschwörung des Hofs verwickelt gewesen ist.“
„Uns ist es nicht anders ergangenen.“
„Doch jetzt muss ich zugeben, dass deine Sturheit Phoenixstein gerettet hat.“
„Nun, ich habe es nicht alleine geschafft. Apropos, wo sind die anderen?“
„Keine Sorge, es geht allen gut, zumindest, denjenigen, die in der Kristallsphäre gewesen sind“, bestätigte der Hauptmann.
„Und Lyssea?“ Alrond blickte sich um. Ging es ihr gut?
„Mir geht es blendend!“ Lyssea tauchte von hinten auf. Sie war wohlauf, trug nur wenige Blessuren davon, wie vermutlich die meisten, die sich während des Absturzes in der Kristallsphäre aufgehalten hatten.
„Hi, es freut mich, dass es dir gutgeht!“, Alrond umarmte sie. Sein Herz klopfte schneller.
„Ich lasse euch lieber alleine. Es gibt mehrere Verletzte, ich werde ihnen mit meinen Soldaten helfen.“ Der Hauptmann zog sich zurück.
„Er ist ganz zahm gewesen“, sagte Lyssea.
„Ja, ich kann mich nicht daran erinnern, den Hauptmann je so entspannt gesehen zu haben.“
„Hauptsache ist, dass wir es geschafft haben.“ Sie sah ihn müde an.
„Manchmal habe ich daran gezweifelt und trotzdem sind wir da.“ Alrond kam näher und sah sie erwartungsvoll an.
„Ja, Zweifel gibt es immer.“ Lyssea lächelte.
„Hi ihr beiden“, Sellur kam den Pfad entlang. Sein Gesicht wies auch einige Schürfwunden auf und die Kleidung sah auch mitgenommen aus.
„Hast du die Dunkle Herrin oder ihre Helfer gesehen?“, fragte Alrond.
„Nein, sie sind nicht unter den Verletzten“, erwiderte Sellur. „Wir müssen los. Die Kapitänin wartet schon in ihrem Segelschiff auf uns. Wir fahren zurück, nach Hause.“

Das Ende folgt im Prolog

Titelbild

Foto: In der Libellenbucht, Rechte: Dario Schrittweise

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2 Antworten auf „Die Halle der Eisglut: Kristallsphäre [6.7]

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  1. Lieber Dario, die Ereignisse aus dem vorletzten Teil deiner abenteuerlichen Geschichte klingen auch wie aus dem schlimmsten Alptraum. Es tut gut zu wissen, dass es trotz allem einen festen Boden gibt. Ich bin sehr gespannt, wohin du uns alle zusammen noch mitnehmen wirst.
    LG, Sophie Mai

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