Das Schwarzfeuer [5.5]

Die ungleiche Gesellschaft reist durch die Unterwasserwelt zum Schwarm des Feuerplankton, um zu erfahren, wie sie das große Unglück verhindern kann. Nach der Begegnung mit dem Schwarm wird die Schicksalsgemeinschaft von drei Raubfischen angegriffen.

Die Erzählung „Das Schwarzfeuer“ ist der fünfte Teil der Reihe „Geschichten aus dem Blauen Nebelgebirge“.

Was bisher geschah

Das Schwarzfeuer [5.5.]

Ein Barrakuda schnappte nach der Schildkröte, die Lyssea auf dem Rückenpanzer trug. Das gebissene Tier schrie vor Schmerzen. Der Schall verbreitete sich in einem großen Umkreis durchs Wasser.
Der Sog der vorpreschenden Angreifer zog Lyssea mit sich. Sie versuchte, davonzuschwimmen, bewegte sich aber nur langsam fort. Der Leitfisch drehte sich um und raste auf die Unglückliche zu.
Alrond klopfte auf den Panzer von Baderro. Die Schildkröte tauchte hinab.
Der Raubfisch folgte Lyssea und riss das Maul bedrohlich weit auf.
Baderro und Alrond erschienen neben Lyssea. Alrond erschrak, als er die riesigen Zähne des Fisches sah. Der Schreiber ergriff Lysseas Hand und zog sie zu sich.
Plötzlich änderte Baderro die Richtung, was den Barrakuda ins Leere schnappen ließ. Das Amphiebientier tauchte durch eine Öffnung im Korallenriff. Der Fisch verfolgte sie kurz weiter, blieb jedoch im Riff hängen. Er wand sich wutentbrannt, doch der Durchgang war zu eng für ihn.
Baderro schoss aus der Unterwasserhöhle. Er drehte sich um die eigene Achse.
Krampfhaft klammerte sich Alrond am Panzer seines tierischen Freundes. Lyssea krallte sich neben ihm an den Rand.
Zwei Verfolger waren noch übrig. Sie schossen noch entschlossener hinterher.
Unvermittelt tauchten die Quallen auf, die ihnen den Weg zum Planktenschwarm gewiesen hatten. Sie umzingelten die Raubfische. Die giftigen Tentakel der Quallen bildeten eine Barriere, die die Verfolger daran hinderte, weiterzuschwimmen. Sichtlich zerknirscht blieben die Raubfische zurück.
Alrond und die Freunde konnten sicher von dannen ziehen. Nach einigen Minuten kehrten sie zur Libellenbucht zurück.
Drei Quallen tauchten aus dem Wasser auf. Eine der Quallen trat hervor. Sie änderte ihre Farbe und leuchtete grün.
„Danke euch für die Hilfe“, sagte Baderro zu ihnen.
„Wir haben euch gerne geholfen“, sagte die Qualle mit hoher Stimme. „Diese Vulkaneruption macht uns auch Sorgen. Sie ist eindeutig nicht natürlichen Ursprungs. Ihr müsst die Verantwortlichen finden und aufhalten.“
„Das werden wir“, erwiderte Alrond.
Die Quallen verabschiedeten sich und verschwanden leise, wie sie hergekommen sind.
Alrond nahm die Algen aus dem Mund, die er zum Atmen unter Wasser benutzt hatte und stellte sie beiseite. Er breitete sich kurz auf dem Strand aus.
„Das war wohl ein wilder Ritt.“ Lyssea legte sich daneben.
„Und wie! Ich dachte, wir kommen da niemals lebendig raus.“
„Deine Geschichten entpuppen sich doch als Realität.“
„Ich habe doch gesagt, vertraut mir.“ Er lächelte und sah Lyssea tief in die Augen.
Sie erwiderte sein Lächeln und ergriff seine Hand.
„Wir können leider nicht mehr lange warten“, unterbrach Baderro die Stille. „Ein Freund ist gefallen, mein Großcousin. Ein Barracuda hat ihn gefressen. Ich bin sehr traurig, doch jetzt ist keine Zeit für Gefühle. Wir müssen weiter. “
„Wissen wir schon, wie wir in den Vulkan gelangen können?“, wollte Sellur wissen.
„Mit den Karten, die wir in den Archiven gefunden haben, können wir den Eingang finden. Alles Weitere müssen wir selber herausfinden“, erwiderte Getam.
„Die Tunnel im Schwarzfeuer müssen wie Irrgänge sein.“ Sellur grübelte.
„Ich kenne jemanden, der sich mit Labyrinthen auskennt. Sie wohnt auf der Insel der vier Winde. Wir können sie um Hilfe bitten“, schlug Alrond vor.
„Eine Sie?“, Lyssea sah ihn nachdenklich an.
„Ja, ich habe sie auf meinen Reisen kennengelernt. Als ich meine Geschichten geschrieben habe.“ Er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg.
Lyssea lächelte.
„Gut, dann reisen wir dorthin.“ Getam watete ins Wasser. „Ich nehme gerne wieder einen blinden Passagier mit.“
„Auf geht’s!“, rief Sellur.

Die ungleiche Gesellschaft erreichte die Ostseite der Insel der vier Winde. Die Schildkröten und das Seepferd trugen wieder ihre menschlichen Begleiter auf dem Rücken.
Sie stiegen an einem Steinstrand aus dem kühlen Wasser. Vor ihnen bäumten sich steile Klippen, die mit üppiger Küstenvegetation umsäumt waren. Möwenschreie hallten von den Felsen wider.
Alrond sprang von Baderros Rücken auf die Strandkiesel. „Wir müssen jenem Weg folgen.“ Er deutete auf einen Trampelpfad, der sich zwischen den Felsen schlängelte und in eine lange Steintreppe mündete.
„Wenn ich es mir so überlege, wäre es am besten, wenn nur wenige mitkommen würden“, fügte Alrond hinzu. „Lyssea und Sellur, würde ich vorschlagen.“
„Geht ihr nur, wir werden hier auf euch warten“, sagte Getam.
„Ja, für uns ist der Strand ohnehin angenehmer als der Wald“, pflichtete ihm Baderro bei.
Lyssea, Sellur und Alrond erklommen die steilen Treppen. Neugierige Möwen begleiteten ihren Aufstieg. Die Steintreppe führte sie durch den Laubmischwald.
Sie erreichten eine waldbewachsene Hochebene. Alrond drehte sich. Ihre Mitstreiter wirkten wie kleine Ameisen. Sie verteilten sich auf dem Strand und warteten auf sie. Hinter der weiten Fläche des Meeres erkannte er die Umrisse des Vulkankegels, aus dessen Spitze gewaltige Rauchschwaden emporstiegen und beinahe den halben Himmelbedeckten. Er schüttelte sich, weil das Naturschauspiel bedrohlich auf ihn wirkte.
„Wie sollen wir dieses Monster bloß aufhalten?“ Lyssea schien seine Gedanken zu erraten.
„Ich denke, wir haben keine andere Wahl, als es zu versuchen.“
Der Weg durch den Wald endete auf einer Wiese, auf der ihnen ein Einsiedlerkrebs entgegentrat.
„Seid gegrüßt, werte Besucher!“ Das Tier stierte sie neugierig mit seinen Stielaugen an. Alrond konnte sich nur schwer auf seine Augen konzentrieren, weil der Einsiedlerkrebs schielte.
„Hallo, wir möchten zu Ariadne. Ist sie hier?“
„Ja, das ist sie und erwartet euch bereits.“
Sie folgten dem Krebs, der die ganze Zeit nervös mit seinen Scheren klapperte. Er trug ein großes Schneckenhaus auf dem Rücken, das Alrond an die Dächer der Ruinenstadt erinnerte.
Nach wenigen Minuten kamen sie zu einem Holzhaus, das mit blühenden Kletterpflanzen bewachsen war.
Eine rothaarige Frau wartete vor der Tür. Sie trug ein langes, blaues Kleid.
„Hallo, Ariadne, schön dich wiederzusehen.“
„Ha, Alrond, der Fabulierer. Hätte nicht gedacht, dich so bald wieder zu treffen. Und wie ich sehe, hast du Freunde mitgebracht. Brauchst du wieder einen roten Faden für eine Geschichte?“
„Einen Faden werde ich brauchen, aber dieses Mal ist es viel ernster.“
„Hm. lass mich raten, es geht um die Rauchsäule, die niemand übersehen kann?“
„Ich befürchte, du hast es erraten.“
„In Ordnung, kommt erst mal in mein bescheidenes Haus, dann sehen wir weiter.“
Sie folgten ihr hinein. Der Einsiedlerkrebs klapperte weiter mit seinen Scheren.

Fortsetzung folgt ..

Titelbild

Foto: Die Steintreppe auf der Insel der vier Winde, Rechte: Dario Schrittweise

2 Antworten auf „Das Schwarzfeuer [5.5]

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  1. Hallo lieber Dario, deine spannende Geschichte „Das Schwarzfeuer“ ist mit jeder Fortsetzung aufregender. Gefahr droht aus jede Ecke und Richtung in der Unterwasserwelt. Ich hoffe nur, dass die „ungleiche Gesellschaft“ genug kreative Ideen und wirksame Lösungen finden wird, um sich gegenseitig unterstützen und retten zu können.
    LG, Sophie Mai

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