13 verschollene Kalendertage

Mit den Sommermonaten Juli und August ist eine amüsante Legende verbunden. Demnach enthielten die beiden Monate während der Römischen Republik und Kaiserzeit unterschiedlich viele Tage, die später von einem eifersüchtigen Herrscher geändert wurden. Ihre heutige Namen bekamen sie übrigens nach den römischen Kaisern Julius und Augustus. Davor hieß der Juli „mensis Quintilis“ (lat. für 5. Monat), weil er ursprüngliche der fünfte Monat des römischen Jahres war, und der Monat August hieß „mensis Sextilis“, weil er der sechste Monat in der Reihenfolge war. Die Legende besagt, dass der Juli 31 Tage und der August 30 Tage enthielt. Der Kaiser Augustus soll darüber so verärgert gewesen sein, dass „sein“ Monat weniger Tage bekommen hat, dass er angeordnet haben soll, dem Monat einen zusätzlichen Tag zu gewähren. Diese Geschichte hat sich jedoch als unwahr erwiesen, weil laut modernen Forschungsergebnissen beide Monate schon vor Augustus‘ Geburt 31 Tage hatten.

Obwohl die Geschichte um die Entstehung der Monatsnamen Juli und August bereits kompliziert klingt, finde ich ein anderes Ereignis, verbunden mit der Entwicklung der modernen Zeitrechnung, wesentlich undurchsichtiger. Dabei handelt es sich um die Entwicklung unseres heutigen Kalenders. Zwei Kalenderreformen waren dafür von entscheidender Bedeutung: zum einen die Reform des Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. – 44 v. Chr.) und einige Jahrhunderte später die Reform des Papstes Gregor XIII. (1502 – 1585). Die heutige Zeitrechnung erfolgt offiziell nach dem Kalender des Letztgenannten. In einigen Ländern wird für religiöse Riten jedoch weiterhin der Julianische Kalender verwendet.

Sommerimpressionen (Foto: schrittWeise)

Der Kalender von Gaius Julius Caesar

In den antiken Zivilisationen, beispielsweise in Rom und Griechenland, wurde der erste Tag des Monats öffentlich verkündet. „Ausrufen“ heißt auf Lateinisch „calare“ und auf Altgriechisch „kalein“ und den ersten Monatstag nannten die Römer „calendae“. Daraus leitete man das Wort „Kalender“ ab. Die Grundidee des Kalenders, die wir heute kennen, entwickelte erst später der französische Philosoph Voltaire (1694 – 1778). Demnach werden längere Zeiträume zusammengefasst, Tage werden zu Wochen, Monaten und Jahren.[1]

Die antiken Astronomen erstellten Kalender, die auf einer Verbindung vom Mond- und Sonnenjahr basierten. Das Problem bestand dabei darin, dass der Mond die Erde innerhalb von 12 Monaten in 354 Tagen umkreist, während ein Sonnenjahr 365 Tage, 5 Stunden und 48 Minuten dauert. Mit einem Sonnenjahr ist der Zeitraum von einer Frühjahrs-Tagundnachtgleiche zur anderen gemeint. Somit ist das Sonnenjahr ungefähr 11 Tage länger als das Mondjahr. In der Antike versuchten die Wissenschaftler diese Differenz mit einem unregelmäßigen 13. Schaltmonat auszugleichen. Auch die Römer setzen gelegentlich einen Schaltmonat ein, jedoch ebenfalls ohne eine erkennbare Regel.[2]

Julius Caesar reformierte im Jahr 46 vor Christus den römischen Kalender, indem er nur das Sonnenjahr für die Berechnung verwendete. Caesar ließ die übrig gebliebenen 5 Stunden und 48 Minuten des Sonnenjahres zu 6 Stunden aufrunden. Genau alle vier Jahre sollte ein Schalttag eingesetzt werden, um die 6 Stunden auszugleichen, womit der nach ihm benannte Kalender wieder stimmen sollte. Der Julianische Kalender hat jedoch einen kleinen Fehler – Caesars Jahr ist ungefähr elf Minuten zu lang. [3]

 

Grüner Caesar
„Grüner Caesar“, 1. Jahrhundert n. Chr., Antikensammlung Berlin (Foto: schrittWeise)

Gregorianische Reform und überflüssige Tage

Bis zum 16. Jahrhundert wuchs die Zeitdifferenz von 11 Minuten auf 10 Tage an. Dies erschwerte die Berechnung des Osterfestes enorm, weil der astronomische Frühlingsanfang kalendarisch nicht mehr auf den 21., sondern auf den 11. März fiel. Papst Gregor XIII. ordnete aus diesem Grund am 24. Februar 1582 in seiner Bulle „inter gravissimas“ an, dass innerhalb von 400 Jahren dreimal kein Schaltjahr eingesetzt wird. Dies sollte zu den vollen Jahrhunderten erfolgen, in den Jahren 1700, 1800 und 1900 sowie in den Jahren 2100, 2200 und 2300. Interessanterweise ließ Gregor XIII. auch 10 Tage aus der „Geschichtsschreibung“ entfernen: vom 5. Oktober bis zum 14. Oktober 1582. Diese Tage existieren kalendarisch nicht mehr. Man stelle sich nur vor, wir würden heute einige Tage einfach aus dem Kalender „verschwinden“ lassen. [4]

Der Gregorianische Kalender setzte sich nur langsam durch, obwohl er seit dem 24. Februar 1582 wirksam war. Anfangs übernahmen nur einige katholische Länder den neuen Kalender. Die protestantischen Gebiete waren zunächst dagegen, weil die Reform vom Papst kam. Mehrere Jahrhunderte später übernahmen jedoch nach und nach alle europäischen Staaten das neue System und heute werden alle internationalen Terminvereinbarungen nach dem Gregorianischen Kalender getroffen.[5]

Die Übernahme des neuen Kalendersystems dauerte teilweise bis in das 20. Jahrhundert. Kurioserweise weigerte sich der schweizerische Kanton Graubünden bis 1798, den neuen Kalender zu übernehmen und die Graubündener Gemeinde Süs im Unterengadin konnte sogar erst 1811 und nur mit Waffengewalt von den Vorzügen des neuen Kalenders überzeugt werden. Russland übernahm den Gregorianischen Kalender sogar erst 1918. [6]

In den meisten orthodoxen Kirchen wird jedoch das Kirchenjahr weiterhin nach dem Julianischen Kalender berechnet. Die Abweichung zwischen den beiden Systemen beträgt mittlerweile 13 Tage: Viele orthodoxe Kirchen feiern beispielsweise das Weihnachtsfest am 7. Januar, während die Katholiken und Protestanten ihr Weihnachtsfest bereits am 25. Dezember begangen haben.

Quellennachweise

[1] http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/ordnungssysteme/kalender/index.html (zuletzt abgerufen am 01.07.17)
[2] http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag6430.html (zuletzt abgerufen am 01.07.17)
[3] Vortherr, Thomas: "Zeitrechnung: Von den Sumerern bis zur Swatch", Beck, München 2001, S. 42 ff.
[4] Vortherr, S. 99
[5] http://www.planet-wissen.de/gesellschaft/ordnungssysteme/kalender/index.html (zuletzt abgerufen am 01.07.17)
[6] Vortherr, Thomas: "Zeitrechnung: Von den Sumerern bis zur Swatch", Beck, München 2001, S. 103

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