Unbetretene Pfade und Kreuzungen

Ein schattiger Pfad führt durch den dichten Wald. Das Licht des Nachmittags fällt sanft auf den Rasen herab. Der grüne Untergrund ist noch weich, hier scheinen nicht viele Menschen vorbeizukommen, weil sie vermutlich Risiken vermeiden wollen.

Manchmal sollten wir jedoch die sicheren Wege verlassen, um an unser Ziel zu gelangen. Zunächst mag unser Vorhaben in einigen Situationen abwegig erscheinen, jedoch mit Mut und Entschlossenheit kommen wir auch über unbetretene Wiesen an unser Bestimmungsort.

Auch Umwege sind nicht immer verkehrt und können uns zeitweise schneller voranbringen als vermeintlich direkte Verbindungen. Das Leben stelle ich mir wie ein Voranschreiten über ebensolche unbetretene Pfade vor. Erst durch unsere Entscheidungen ebnen wir den Weg. Das Leben entsteht im Gehen.

Ein Vergleich mit einem Webstuhl liegt ebenfalls nahe. Am Anfang des Webvorgangs verwenden die Weber nur wenige Fäden, die immer mehr miteinander verflochten werden. Später entsteht daraus ein komplexes Geflecht aus vielen verschiedenen Fäden. Sie sind wie unsere Lebenswege, die sich jedesmal kreuzen, wenn wir eine lebensändernde Entscheidung treffen. Die parallel verlaufenden Fäden sind Alternativen und die Kreuzungen unsere Entscheidungen, die zu einer Änderung führten.

Wie oft würden wir gerne an eine Wegkreuzung in unserem Leben zurückkehren und eine andere Abzweigung wählen? Wir könnten so auch anderen Menschen helfen, sie warnen, damit sie richtige Entscheidungen in ihrem Leben treffen. Würde uns diese Möglichkeit, Einfluss auf die Vergangenheit auszuüben, glücklich machen? Ich befürchte nicht, denn zu zahlreich wären die Nebenwirkungen und Schattenseiten.

Viele Entscheidungen können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sie machen uns zu dem, was wir sind. Wir können nur weitergehen, andere Weggabelungen suchen, die uns neue Alternativen ermöglichen. Wie ein Weber, der sein Gewebe kunstvoll vollendet, ohne sein Gesamtwerk grundlegend zu verändern.

Titelfoto: "Der Schattenpfad", Fotorechte: Dario schrittWeise

14 Antworten auf „Unbetretene Pfade und Kreuzungen

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  1. das ist ein sehr schönes foto. da möchte ich gleich los laufen und barfuß über das gras gehen. einen schönen text dazu hast du auch geschrieben. manchmal muss man sich an die seite setzen, still werden und schauen, was hinter einem liegt, das gehört dazu. ein schönes und erfreuliches wochenende wünsche ich dir.

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    1. Hallo grossstadtpoetin, diese stillen Momente der (Selbst)Betrachtung finde ich auch wichtig, obwohl es im Alltag nicht immer einfach ist, sich Zeit dafür zu nehmen. Dankeschön! 🙂 Ich wünsche dir ebenfalls ein angenehmes Wochenende. Liebe Grüße, Dario 🙂

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  2. Guten Abend Dario,
    ein herrlich tiefsinniger Beitrag, den ich mit Deinen eigenen Worten „Das Leben entsteht im Gehen“ treffend überschreiben möchte.
    Wunderbare Bilder und Vergleiche. Dabei spüre ich, dass Du auf Deinen Wegen bewusste Einblicke ins Leben aufnimmst.
    Liebe Grüße vom Paul 😉

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  3. Hallo Dario,

    sehr schöne Gedanken und Bilder. Nur bei einer Sache bin ich mir nicht ganz sicher: „Wir können andere Menschen warnen“. Dabei muss ich an einen Witz denken. Die Frage lautet: „Was wollen alle gerne weitergeben, aber niemand will es haben“? Die Antwort lautet: „Ratschläge“ 😉

    L.G., Sophie Mai

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    1. Hallo Ananda, danke dir. Ja, nicht zu oft in den Rückspiegel schauen, lieber im Hier-und-Jetzt leben. Ich bin seit gestern Abend in Nürnberg. Der Rückflug war ein wenig abenteuerlich, ich musste von Toulouse über Amsterdam fliegen, weil der Lyoner Flughafen gesperrt war. Ein Autofahrer fuhr in Lyon auf die Landebahn und lieferte sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei. LG 🙂

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