Nachdem wir vor zwei Wochen von Tübingen-Bebenhausen nach Ehningen gewandert sind, beschlossen mein Mitwanderer und ich von Ehningen weiter in Richtung Weil der Stadt und Tiefenbronn zu laufen. Unser Gesamtziel ist Pforzheim, wir können diesen aber erst nach einigen Tagesetappen erreichen, weil die Entfernung von Bebenhausen nach Pforzheim ungefähr 65 km beträgt.
Während wir in der ersten Etappe quer durch den Naturpark Schönbuch gewandert sind, haben wir uns dieses Mal genauer am Hauptwanderweg 5 (HW 5) des Schwäbischen Albvereins gehalten. Der Schwarzwald-Schwäbische-Alb-Allgäu-Weg, wie dieser auch genannt wird, ist ca. 320 km lang und beginnt in Pforzheim. Von dort führt er über Weil der Stadt, Tübingen, Biberach/Riß, zum höchsten Punkt des früheren Königreichs Württemberg, dem Schwarzen Grat (1118 m) und schließlich nach Isny[1]. Der HW 5 lässt sich jedoch in beiden Richtungen laufen.

Tag 1. Ehningen – Weil der Stadt (Merklingen)
Die erste Tagesetappe haben wir am S-Bahnhof Ehningen begonnen. Der Wanderweg läuft weitestgehend Nahe oder entlang des Flüsschens Würm und schlängelt sich durch das malerische Naturschutzgebiet Hackstberg. Wir durchliefen die Ortschaften Aidlingen, Döffingen und Dätzingen in der Landschaft Heckengäu. Die Etappe ist eher als leicht zu bezeichnen und beinhaltet keine größere Steigungen.
Da wir uns spontan dazu entschieden haben, den Abschnitt auf dieses Wochenende zu legen, konnten wir keine Unterkunft direkt in Weil der Stadt bekommen. Dafür entschieden wir uns ein wenig außerhalb zu übernachten. Das hat sich als ein Glücksfall erwiesen, wie wir festgestellt haben. Dazu später mehr 😉
Kunstpfad „Skulptoura“
Bald nachdem mein Mitwanderer und ich Ehningen verlassen haben, zog ein roter Holzwürfel unsere Blicke auf sich. Wir stellten fest, dass es sich um ein Hinweiszeichen für den Kunstpfad „Skulptoura“ handelt[2]. Die großen Holzobjekte sind an Bäumen entlang des Wanderweges befestigt und weisen einerseits den Weg und zeigen dem Wanderer andererseits, wo sich die einzelnen Kunstwerke befinden.
Die Idee, Kunst mit der Natur zu verbinden, ist nicht neu, aber ich finde sie dennoch höchst interessant. Die Landschaft – somit die Ausstellungssituation – verändert sich im Laufe des Jahres und auch der Betrachter kann seine Beobachtungsposition jederzeit ändern und sich beliebig nähern oder entfernen. Viele der Objekte sind auch begehbar und dürfen berührt werden, was einen besonderen Reiz ausübt. Ebenfalls nicht neu, jedoch insgesamt betrachtet eine Seltenheit auf Wanderwegen.

Besonderes gut gefallen hat mir das Werk „Kraft und Bewegung“ des Künstlers Hans Dieter Bohnet. Das Kunstobjekt aus Cortenstahl ist ca. 800 cm hoch und ähnelt einem überdimensionierten Globus auf Schienen und wirkt dabei wie ein Mechanismus, der mitten in der Bewegung erstarrt ist.

Der Beobachter fühlt zwar klein und unbedeutend beim Nähern, durch die offene Form hat das massive Objekt in meinen Augen trotzdem noch etwas Leichtes und Spielerisches. Die riesige Kugel erweckt den Eindruck, jederzeit davonrollen zu können.

Unterwegs stießen wir immer wieder auf die stillgelegte Eisenbahnstrecke zwischen Calw und Weil der Stadt. Der verfallene Zustand erinnerte uns an die Vergänglichkeit des Lebens. Der Anblick hatte etwas Poetisches. Mein Mitwanderer war besonderes angetan von den in Vergessenheit geratenen Eisenbahnschienen.

Keplerstadt Weil der Stadt
Nach ungefähr 16 km erreichten wir gegen 19:00 Uhr Weil der Stadt. Die schwäbische Stadt ist bekannt als Geburtsort des deutschen Mathematikers und Astronomen Johannes Kepler (1571 – 1630), der als Mitbegründer der modernen Naturwissenschaften und insbesondere der neuzeitlichen Astronomie gilt. Zu seinen wichtigsten Errungenschaften zählen die nach ihm genannten „Kepler’schen Gesetze“, mit denen er unter anderem bewiesen hat, dass sich die Gestirne in elliptischen Bahnen um die Sonne drehen[3].
Auf dem Marktplatz befindet sich die Statue des großen Sohnes der Stadt, der in der Hand eine Schriftrolle mit der Zeichnung einer Ellipse hält. Das Denkmal wurde 1870 nach einem Entwurf von August von Kreling errichtet[4]. Hinter der Statue befindet sich das Geburtshaus Keplers, das heute das Keplermuseum beherbergt (nicht auf dem Foto). Ebenfalls auf dem Marktplatz ist das Rathaus und etwas versetzt und von weitem sichtbar, die Stadtkirche St. Peter und Paul.

Merklingen und die Kirchenburg
Unsere Unterkunft haben wir in Merklingen gebucht, einem Stadtteil ca. 3 km vom Zentrum von Weil der Stadt entfernt. Der Umstand, dass wir hier übernachtet haben, entpuppte sich als ein Vorteil, weil wir so die geschichtsträchtige Kirchenburg und die illustre Altstadt bewundern konnten. Der HW 5 führt zwar durch Merklingen, so hatten wir aber mehr Zeit für die Stadtbesichtigung.
Die Kirchenburg von Merklingen mit der ehemals romanischen Remigiuskirche, die nach dem großen Brand von 1425 neu errichtet wurde, war früher doppelt ummauert und mit einem Wassergraben umgeben. Den Graben haben die Bewohner zeitweise als Anbaufläche für Eigenbedarf genutzt. 1983 wurde der Wassergraben erneut freigelegt[5].

Tag 2. Von Merklingen nach Lehningen (bei Tiefenbronn)
Am nächsten Tag nahmen wir uns aus zeitlichen Gründen nur eine sehr kurze Strecke vor. Über die Ortschaft Münklingen und das Naturschutzgebiet Büchelberg mit dem gleichnamigen Berg, erreichten wir nach ungefähr 7 Kilometern, an blühenden Obstbäumen und bunten Wiesen vorbei, Lehningen, einen Ortsteil von Tiefenbronn. Hier sind wir auch schon im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord angekommen. Unseren Weg werden wir voraussichtlich im Sommer oder Herbst zu Ende laufen.

Fußnoten
[1] http://wege.albverein.net/hauptwanderwege/hw5/(abgerufen am 03.05.17) [2] http://www.sculptoura.de/(abgerufen am 03.05.17) [3] http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/reformation/235722/exkurs-johannes-kepler-oder-wie-die-zeitumstaende-einen-lebenslauf-praegen (abgerufen am 03.05.17) [4] http://www.weil-der-stadt.de/de/Keplerstadt/Stadtportrait/Sehenswürdigkeiten (abgerufen am 03.05.17) [5] http://www.weil-der-stadt.de/de/Keplerstadt/Stadtportrait/Stadtteile/Merklingen (abgerufen am 03.05.17)
Das Problem mit dem an sich bedenkenswerten Zitat des Monats ist doch, wenn man es wörtlich nimmt, daß sich Entdecker und in deren Gefolge skrupellose Eroberer und Geschäftemacher durchaus die Welt angeschaut haben könnten, Anschauung mithin nicht vor Untat schützt …
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Hallo LuxOr, da gebe ich dir recht, jedes gute Vorhaben kann auch für dunkle Taten missbraucht werden. Man denke nur an den Nobel mit seiner Erfindung. Ich finde, es geht auch darum, etwas in seiner Gänze zu betrachten, nicht nur einseitig und auf eigenen Vorteil gedacht.
P.S. Zur Erinnerung: Zitat des Monats Mai lautet
„Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.“, zugeschrieben: Alexander von Humboldt (1769-1859), deutscher Naturforscher
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