Für meine zweite Etappe auf dem mittelfränkischen Jakobsweg von Nürnberg nach Rothenburg ob der Tauber konnte ich meine Freundin als Begleiterin gewinnen. Die dritte und letzte Etappe teilte ich schließlich in zwei Abschnitte und begann am zweiten Tag den Jakobsweg über Schwäbisch Hall und Tübingen nach Rottenburg am Necker.
2. Etappe: Roßtal – Heilsbronn – Lehrberg
Wir fuhren am 13.09.15 früh am Morgen nach Roßtal, dem Zielort meiner letzten Etappe. Nach einer kurzen Besichtigung der sehenswerten St. Laurentiuskirche verließen wir den Ort Richtung Heilsbronn. Ursprünglich waren ca. 20 Kilometer als Tagesentfernung geplant. Der Plan war, in ca. 5 Kilometer nach Heilsbronn den letzten Bus des Tages zu erreichen.

Unterwegs nach Heilsbronn
Der Tag war angenehm sonnig und wir kamen sehr schnell voran. Der Jakobsweg führte uns durch die mittelfränkischen Ortschaften Fernabrünst, Wendsdorf und Bürglein. In Bürglein haben wir in der Pfarrei nach dem Schlüssel gefragt, um die Johanniskirche zu besichtigen. Der zuvorkommende Pfarrer kam sogar ein wenig später dazu, um uns die Geschichte der Kirche zu erzählen. Wir verabschiedeten uns vom netten Mann und zogen weiter.

Bald darauf, nach ca. 15 Kilometer, erreichten wir Heilsbronn. Hier machten wir Rast und besichtigten das beeindruckende Münster von Heilsbronn. Die umliegenden Straßennamen und Häuser mit ihren geschichtlichen Erklärtafeln erwecken den Eindruck, dass in Heilsbronn alles auf seine Weise in einem Zusammenhang mit dem Kloster steht. Somit wird klar, welche gravierende Bedeutung das Kloster für die Entwicklung der Ortschaft hatte und teilweise wahrscheinlich noch besitzt.

Das Münster „St. Marien und Jakobus“ ist die Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters von Heilsbronn, das 1132 von Bischof Otto I. von Bamberg gegründet wurde. Das Münster wurde als eine kreuzförmige Basilika in der strengen Bauweise der Hirsauer Romanik gebaut, später kamen mehrere gotische Elemente hinzu. Das Kloster diente von 1297 bis 1625 als Grablege der Hohenzollern. Das Zisterzienserkloster hatte im Mittelalter reiche Besitztümer über ganz Franken. Unter dem Münster entspringt die Quelle, die später dem Ort den Namen geben sollte (fons salutis, lat. für „Heils-Brunnen“) und kann über mehrere Stufen unterhalb der Kirche besichtigt werden. Die „heilsame“ Quelle fließt außerhalb der Kirche durch ein überdachtes Taufbecken und bildet den Ursprung des Flusses Schwabach. [1]

Über Lehrberg nach Ansbach
Einige Kilometer später erreichten wir die Bushaltestelle, an jener der letzte Bus bald anhalten sollte. Ich merkte jedoch am Fahrplanaushang, dass die Busanbindung in dem Ort sehr ungünstig für eine spätere Fortsetzung des Weges war. Ich fragte daher meine Mitpilgerin, ob es ihr etwas ausmachen würde, bis nach Lehrberg weiterzulaufen, weil es dort bessere Busverbindungen gab und zudem Rothenburg nicht mehr weit entfernt war. Uns war auch klar, dass an dem Tag keine weiteren Busse mehr fahren würden, so dass ein Weiterlaufen bedeuten würde, nachdem wir Lehrberg erreicht haben, noch zusätzlich 10 Kilometer zum Ansbacher Bahnhof laufen zu müssen. Insgesamt wären es 20 zusätzliche Kilometer. Meine Freundin ließ sich von der zusätzlichen Entfernung nicht abschrecken und willigte freundlicherweise ein. Nach 10 Kilometern kamen wir in Lehrberg an. Hier machte sich die Anstrengung bereits bemerkbar, zumal der Tag sehr warm war.

Die letzten 10 Kilometer führten entlang der Eisenbahnstrecke von Lehrberg nach Ansbach. Erschöpft erreichten wir am späten Nachmittag Ansbach. Wir freuten uns aber über einen schönen Tag, der uns trotz einiger Anstrengungen viele schöne Erinnerungen bescherte. In der Residenzstadt Ansbach konnten wir eine Kleinigkeit essen und mit dem Zug nach Nürnberg zurückfahren.
Dies war bisher meine längste Strecke jenseits von Jean-Pied-de-Port, dem Startort vom Camino Frances in Spanien. Eine ähnliche Entfernung lief ich mit meinem Pilgerfreunden auf dem Camino del Norte, nur eben auf der anderen Seite der Pyrenäen 😉
3. Etappe: Lehrberg – Wachsenburg
Die letzte Strecke nach Rothenburg habe ich in zwei Tagesetappen eingeteilt, weil ich am darauffolgenden Tag Rothenburg ob der Tauber besichtigen und noch weiterlaufen wollte. Zudem habe ich so kurzfristig keine Unterkunft am Zielort des mittelfränkischen Caminos gefunden. Den ersten Teil lief ich am Samstag, 26.09.2015.
Auf dem Weg bin ich einer pilgernden Frauengruppe begegnet, die ebenfalls in Richtung Rothenburg gelaufen ist. Dies waren die ersten Pilger, die mir bisher auf „meinem“ Jakobsweg in Deutschland begegnet sind. Mit der Pilgergruppe verbinde ich eine amüsante Erinnerung. Da ich an dem Tag gerne ein wenig Ruhe beim Pilgern haben wollte, habe ich ein wenig mit den Pilgerinnen in der Kirche geplaudert und mich dann freundlich verabschiedet, um zu meinem Zwischenziel, Colmberg, zu laufen. Meine Überraschung war dann groß, als die Gruppe nach einer Stunde plötzlich vor mir auftauchte. „Haben sie ein Taxi genommen? Kennen sie eine Abkürzung?“ fragte ich mich. Auf der nächsten Kreuzung, die mir bekannt vorkam, folgte dann die Auflösung: ich bin wohl kurz vor Colmberg falsch abgebogen, so dass die Gruppe mich überholen konnte. Ich habe jedoch nicht viel Zeit verloren und konnte darüber lachen. Da ihre Tagesetappe in Colmberg endete, verabschiedete ich mich an der sehenswerten Burg von Colmberg von der fröhlichen Pilgergruppe und ging, an einem Golfplatz vorbei, weiter.

Am Nachmittag erreichte ich Wachsenberg, einen kleinen Ort auf der Frankenhöhe, ca. 4 Kilometer von Rothenburg ob der Tauber entfernt. Dort übernachtete ich im Waldgasthof der Ortschaft, dies war die ersten Übernachtung in einer Unterkunft auf dem Jakobsweg durch Deutschland. Leider sind die Pilgerherbergen, im Gegensatz zu Spanien oder teilweise Frankreich, in Deutschland rar, so dass man oft in Pensionen, Gasthäusern oder sogar Hotels übernachten muss. Die Waldgaststätte gefiel mir jedoch und ich kam mit dem netten Besitzer ins Gespräch. Dabei erfuhr ich, dass die Waldgaststätte ein Familienbetrieb ist und er Schwierigkeiten hat, seine Söhne davon zu überzeugen, diese zu übernehmen, nachdem er in Rente gegangen ist. Ein Blick auf die Homepage der Gaststätte hat mir heute verraten, dass die Familientradition scheinbar weiterhin aufrechterhalten werden konnte. Ich würde es dem Besitzer der Waldgaststätte wünschen.
4. Etappe: Ankunft in Rothenburg ob der Tauber
Am Sonntag, 27.09.15 verließ ich Wachsenberg und pilgerte gut gelaunt nach Rothenburg. Eine beeindruckende Szene blieb in meinem Gedächtnis: der Weg von Wachsenburg nach Rothenburg verläuft über einen kleinen Berg und vor dem Wanderer bereitet sich ein erstaunliches Panorama von Rothenburg. Ein kleines Manko, das die Szenerie stört, ist die nahe Autobahn, aber der Betrachter bekommt das Gefühl dafür, wie sich der mittelalterlicher Pilger gefühlt haben mag, als er nach Rothenburg gelaufen ist. Ein besonderes Glücksgefühl breitet sich im Wanderer aus, je näher er auf die Stadt zuschreitet.
Die Stadt betrat ich schließlich durch das Galgentor der Stadtmauer. Hinter dem Tor befand sich früher das „Köpfenwieslein“, auf dem bis Anfang des 19. Jahrhunderts der namensgebende Galgen stand. Durch das Tor drangen im Dreißigjährigen Krieg die Feldherrn Tilly (1631) und Turenne (1645) in die Stadt ein.[2]

Rothenburg ist eine sehenswerte, wenn auch eine sehr touristische Stadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie sehr originalgetreu wiederaufgebaut. Hier gibt es viel zu entdecken und dies muss an einer anderen Stelle erzählt werden. Die mittelalterlich geprägte Stadt ist sicherlich ein Höhepunkt auf meinem bisherigen Weg. Besonderes Nennenswert ist im Zusammenhang mit der Pilgerschaft zum Grab des Heiligen Jakobus der Heiligblutaltar (1499 – 1505 gefertigt) des berühmten deutschen Bildschnitzers und Bildhauers Tilman Riemenschneider (~1460 – 1531), mit der Darstellung des Abendmahls. [3]
Der Heilige Jakobus befindet sich, ein wenig versteckt, im Mittelteil des Altars. Er ist an seinem charakteristischen Pilgerhut erkennbar.
Der Heiligblutaltar von Riemenschneider kann in der Stadtpfarrkirche St. Jakob, neben weiteren Kunstschätzen, bewundert werden. Ich hatte das Glück, dass ich als Pilger kostenlos einer Kunstführung in der St. Jakobskirche lauschen durfte.

In Rothenburg ob der Tauber teilen sich die Jakobswege, ein Zweig führt über Speyer nach Metz und der südliche Zweig bringt die Pilger nach Rottenburg am Neckar. Wie bereits geschrieben habe ich mich für die südliche Variante entschieden. Am gleichen Tag ging es weiter durch den Burggarten, das Kobolzellertor und über die „Alte Steige“ in den Taubergrund nach Schrozberg. An dieser Stelle beginnt der Jakobsweg „Von Rothenburg nach Rottenburg“.
Fußnoten
[1] https://www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail/geschichte?id=KS0136 (zuletzt abgerufen am 29.05.17) [2] https://www.rothenburg.de/tourismus/sehenswertes/tuerme-tore/galgentor/ (zuletzt abgerufen am 29.05.17) [3] https://www.rothenburg.de/tourismus/sehenswertes/kirchen/st-jakobs-kirche/ (zuletzt abgerufen am 29.05.17)
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