Wisente und Drachen von Obermarsberg [Hermannshöhenweg 5]

Viele der Geschichten des sagenumwobenen Obermarsbergs sind mit der Eresburg, der größten bisher bekannten sächsischen Volksburg verbunden. Sie befand sich auf dem Tafelberg Eresberg, auf welchem später die Stadt gebaut wurde. Der fränkische König Karl der Große eroberte die Burg 772 im Rahmen der sogenannten Sachsenkriege. Die sächsischen Truppen konnten die Eresburg daraufhin mehrfach zurückerobern, Karl der Große behielt jedoch am Ende die Oberhand.

Im Berg befinden sich mehrere Höhlen, sogenannte Drakenhöhlen, die viele Geschichten inspirierten. Einer Sage zufolge ereignete sich auf dem Eresberg beispielsweise der berühmte Kampf Siegfrieds gegen den Drachen Fafnir, der den Nibelungenschatz in den Höhlen hütete. Nachdem er den Drachen besiegt hatte, badete der Held in dessen Blut und wurde so unverwundbar, bis auf eine Stelle zwischen den Schulterblättern, seiner Achilles Ferse im wahrsten Sinne des Wortes. Mehrere Orte beanspruchen jedoch diese Geschichte ebenfalls für sich. Laut einer Theorie ist Siegfried ursprünglich Arminius bzw. Hermann gewesen und der Drache symbolisiert die Römer.

Die Drakenhöhlen stehen im Mittelpunkt einer anderen Sage, demzufolge erschien Karl dem Großen bei seinem Feldzug gegen die Sachsen eine weiße Frau, die dem König den Weg durch die Höhlen in die Eresburg wies und ihm so zum Sieg verhalf.

Wegweiser

  1. Etappe: Rheine – „Schöne Aussicht“
  2. Etappe: „Schöne Aussicht“ – „Malepartus“
  3. Etappe: „Malepartus“ – Dissen
  4. Etappe: Dissen – Peter aufm Berge
  5. Etappe: Peter aufm Berge – Bielefeld – Lage
  6. Etappe: Lage – Hermannsdenkmal – Externsteine
  7. Etappe: Externsteine – Bad Driburg
  8. Etappe: Bad Driburg – Hartehausen

9. Haus Verlemann in Hartehausen – (Ober-)Marsberg

  • Datum: 21.06.19
  • Entfernung: 25 Kilometer

Mein letzter Tag auf dem Hermannshöhenweg verlief sehr entspannt. Am Abend davor hatte ich telefonisch eine Unterkunft in Obermarsberg reserviert. Nach dem Frühstück sprach ich wie verabredet meine Gastgeber darauf an, wie ich wieder auf den Eggeweg zurückkehren könnte. Der Besitzer des Gasthauses riet mir, den Weg durch das Schwarzbachtal zu nehmen, weil es kompliziert sei, direkt zurück zum Kammweg zu laufen. Außerdem wurde ich so an den Tiergehegen von Hartehausen vorbeikommen. Der Gedanke gefiel mir und ich entschied mich für die vorgeschlagene Variante.

Der Weg war sehr interessant und abwechslungsreich. Die erste Station war ein Wildschweingehege. Darin befindet sich eine Rotte Wildschweine mit mehreren Frischlingen. Einige Meter weiter grast eine Herde Tarpane. Sie sind eine Rasse von Wildpferden, die in Ost- und Mitteleuropa lebte und Ende des 19. Jahrhunderts ausgestorben ist. Laut einer Lehrtafel am Gehege kann die Rasse nur noch durch den Prozess der Verbastardisierung mit anderen Pferden rückgezüchtet werden, was Anfang des 20. Jahrhunderts passierte. Im Jahr 1959 kamen vier Exemplare in das Wisentgehege. Seitdem kamen in Hardehausen mehr als 200 dieser Wildpferde zur Welt.

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Nach den Wildschweinen und Wildpferden kam ich zu einem leeren Areal der Wisente. Es gibt zwei Sorten von Wisenten, die hier gehalten werden. Seit 1958 leben hier Berg-Wisente und seit 2004 auch Flachland-Wisente in einem anderen Gehege. Beide Rassen werden nur an zwei Orten in Europa gemeinsam gehalten.

Zunächst konnte ich keine Wisente sehen, ein Mann zeigte mir aber, wo ich sie finden kann. Ich fand die Tiere sehr faszinierend, sie strahlten eine besondere Ruhe aus. Danach lief ich wie geplant durch das Schwarzbachtal.

Über eine kleine überdachte Holzbrücke gelangte ich auf die andere Uferseite des Schwarzbachs. Hier gab es einige Stellen, die von Waldarbeiten betroffen waren und die teilweise zugewachsen waren. In kürzester Zeit kehrte ich zum Eggeweg zurück.

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Einige Kilometer später ertönten plötzlich Stimmen im Wald. Zunächst hielt ich sie für andere Wanderer oder Spaziergänger. Doch es war ein Audio-Lehrpfad, der mit Bewegungssensoren ausgestattet ist, um die einzelnen Audio-Dateien zu starten, wenn jemand daran vorbeigeht. Die Audio-Stationen sind mit Solarzellen ausgestattet.

Der Lehrpfad erzählt die Geschichte der Wüstung Blankenrode, einer verlassenen mittelalterlichen Stadt. Die Stadt wurde im Jahr 1298 gegründet und bereits um das Jahr 1390 zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute sind kaum Überreste auf der Oberfläche zu sehen, Pflanzen und Erde bedecken sie, die Stadtwüstung gilt trotzdem archäologisch als sehr interessant.

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Im Dorf Blankenrode, das sich einen Kilometer westlich der Wüstung befindet, gab es nicht viel zu sehen, zumal zu dem Zeitpunkt alles geschlossen war. Die Gastgeberin in Hardehausen hatte Recht, als sie sagte, bis Marsberg gibt es nichts. Am Stadtausgang befindet sich das Naturschutzgebiet Bleikuhlen mit einem schmalen, durch niedrigen Zaun begrenzten Pfad.

Die nächste größere Ortschaft, durch die ich kam, war Essentho, ein Vorort von Marsberg. Auch hier schien alles geschlossen zu sein. Der Nachmittag ist heiß geworden. Ein vorbeilaufender Bewohner riet mir auf Nachfrage, beim Gasthaus in der Ortsmitte nachzufragen. Tatsächlich machte die holländische Besitzerin auf, weil sie durch die Kamera sah, wie ich auf die Tür zukam. Ich blieb eine Weile in der Gaststätte und unterhielt mich mit der Besitzerin.

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Ende in Marsberg

Danach ging ich mit frischen Kräften weiter. Von Essentho dauerte es auch nicht mehr lange bis Marsberg. Ich konnte bereits aus der Ferne den Hügel von Obermarsberg mit der Stiftskirche sehen.

In Marsberg, auch Niedermarsberg genannt, endet offiziell der Eggeweg und somit auch der Hermannshöhenweg, ziemlich unspektakulär: Am Ende der Uferpromenade verkündet eine Tafel das Ende des Weges. Seltsamerweise steht auf der Tafel „der Beginn des Eggeweges“ und nicht „das Ende“, was für die Wanderer, die in Rheine oder Bad-Mainberg starten ein wenig verwirrend sein könnte. Da der Weg aber in beide Richtungen ausgeschildert ist, kann er auch in Marsberg begonnen werden.

Direkt nach meiner Ankunft ging ich zum Bahnhof, um mein Zugticket für die Rückreise zu kaufen. Die Verkäuferin am Schalter war gut gelaunt, weil sie Witze über die mögliche Verspätung meines Zuges machte. Leider hatte der Zug am kommenden Tag tatsächlich Verspätung, so dass ich einen Anschlusszug verpasst hatte.

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Zu meiner Unterkunft in Obermarsberg lief ich weiter zu Fuß und schaute mich am Abend im Ort um. Obermarsberg auf dem Ehresberg zählt zu den ältesten besiedelten Punkten des Hochsauerlandkreises. Zunächst gehörten die Sachsen und später die Franken zu den Siedlern der Höhenburg.

Nach der Eroberung durch Karl den Großen im 8. Jahrhundert n. Chr. dauerte es einige Zeit, bis Obermarsberg Stadtprivilegien erhielt. Die erste urkundlich erwähnte städtische Verfassung stammt aus dem Jahr 1222. Einige Jahrzehnte später, im 14. Jahrhundert, war die Stadt von einer Wehrmauer mit 7 Türmen und 2 Stadttoren umgeben, innerhalb welcher um die 1500 Menschen wohnten.

Heute gilt Marsberg, die Niederstadt im Diemel-Tal, als das städtische Kerngebiet und Obermarsberg gehört zu den sogenannten bäuerlichen Mischgemeinden der Stadt. In Obermarsberg sind noch einige Türme erhalten, wie der Buttenturm, unter welchem sich die Drakenhöhlen befinden. Die Höhlen, die nicht betreten werden dürfen, sind angeblich durch einen Tunnel mit dem Rathaus verbunden. Für mich persönlich endete der Hermannshöhenweg erst im geschichtsträchtigen Obermarsberg.

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Fazit des Hermannshöhenweges

Insgesamt hat mir der Hermannshöhenweg sehr gut gefallen. Der Fernwanderweg verbindet mehrere Naturschutzgebiete und kulturelle Highlights miteinander. Positiv fand ich auch die Vielzahl an Schutzhütten entlang des Weges, die, wie der gesamte Weg, größtenteils in einem sehr guten Zustand waren. Am siebten Tag leisteten sie mir gute Dienste.

Besonders hervorheben möchte ich die Dörenther Klippen, die Externsteine, die Velmerstot-Zwillingsberge, Burg Iburg, das Silberbachtal und die Wüstung Blankenrode. Obwohl sie offiziell nicht zum Weg gehören, fand ich auch das Tiergehege „Hartehausen“ und Obermarsberg sehenswert.

Unterwegs zu den Dörenther Klippen

Von den beiden Fernwanderwegen, die unter dem Projektnamen „Hermannshöhen“ zusammengefasst sind, gefiel mir der Eggeweg ein bisschen besser, weil er mir unberührter vorkam. Mein persönlicher Höhepunkt war auch die Übernachtung in Bad Driburg bei einem Freund, der mich am nächsten Tag einen Teil der Etappe begleitete.

Für mich war eines der Vorteile des Fernwanderwegs gleichzeitig ein kleiner Nachteil: dadurch, dass der Weg als Kammweg durch unberührte Landschaften verläuft, kommt der Wanderer in den Genuss von stillen und naturnahen Etappen. Dies ist aber auch gleichbedeutend mit der Schwierigkeit, eine Unterkunft zu finden, die sich in der Nähe befindet. Meistens musste ich den Höhenweg abends für 2 – 3 Kilometer verlassen. Ich habe diesen Umstand jedoch gerne in Kauf genommen, weil der Weg viel zu bieten hatte.

Kleine Holzbrücke

In den beiden Wochen traf ich nur sehr wenige Wanderer, mit vier von ihnen bin ich ins Gespräch gekommen. Gefühlt waren mehr Fahrradfahrer unterwegs. Die Bewohner der Region empfand ich als sehr freundlich und zuvorkommend und ich kam sehr schnell mit ihnen ins Gespräch, ob tagsüber während meiner Tagesetappen oder am Abend in der Unterkunft.

Eine Sache ist mir zu kurz gekommen: der Bezug zum Hermann bzw. Arminius, obwohl der Weg diesen Namen trägt. Erst am Hermannsdenkmal sind einige Informationstafeln angebracht, die mehr über die Hintergründe verraten. Auch hätte ich den Anfang und das Ende des Hermannshöhenweges anders gestaltet. Der Fernwanderweg beginnt in Rheine an einer Kreuzung vor der Touristeninformation und endet in Marsberg, scheinbar abrupt, mitten am Flussufer. Ich hätte den Weg in Rheine vor einem historischen Ort beginnen lassen, z.B. vor dem Falkenhof und das Ende wäre in Obermarsberg. Für mich persönlich war auch erst dort Schluss.

Trotz der kleinen Verbesserungsideen, die ich hätte, fand ich den Hermannshöhenweg sehr reizvoll. Diese Fernwanderung wurde ich jederzeit wieder machen.

Kleine Statistik zum Hermannshöhenweg

  • Gesamtstrecke: 226 km
  • Aufstieg: 4045 hm
  • Abstieg: 3646 hm
  • Etappen: 9

Quellen

Norbert Rother, Marie-Luise Großelohmann, Dieter Großelohmann: "Hermannsweg - Eggeweg", Welver 2013 
https://www.wald-und-holz.nrw.de/wald-erleben/infozentren/wiz-hammerhof-wisentgehege-hardehausen/wisentgehege-hardehausen
https://www.marsberg.de/seite-384-0.html
https://www.paderborner-land.de/deu/entdecken/standorte/stadtwuestung-blankenrode.php
https://hermannshoehen.teutoburgerwald.de/portrait/faszination-hermannshoehen/

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