Das Meer der Felsen [Jakobsweg nach Konstanz VI]

Der Jakobsweg zwischen Tübingen und Konstanz wird auch „Via Beuronensis“ genannt, weil er über Beuron verläuft und von der Beuroner Jakobspilgergemeinschaft betreut und gepflegt wird. Die Strecke ist reich an kulturellen und natürlichen Schätzen. Zu den Höhepunkten gehörte für mich der Aufstieg zum Lochenhörnle, einem Berggipfel zwischen Balingen und Nusplingen. Mit der Durchquerung der Schwäbischen Alb legte ich auch mehr als die Hälfte des Weges nach Konstanz zurück. Ich freute mich auch bereits darauf, bald die Donau zu erreichen.

Wegweiser

13. Balingen-Weilstetten – Nusplingen

  • Datum: 25.03.2016
  • Entfernung: ca. 23 Kilometer
  • Besondere Ereignisse: Übernachtung im Zollernschloss, Felsenmeer, Lochenhörnle, Nusplingen

Kurz vor Ostern habe ich meinen Jakobsweg in Balingen fortgesetzt. Ich reiste am Vorabend der ersten Etappe mit dem Zug an. In Balingen übernachtete ich im Zollernschloss, auch Zollernschlössle genannt, in dem heute das Jugendgästehaus von Balingen untergebracht ist. Das Schloss wurde laut der Hinweistafel im Jahr 1430 erbaut und diente den württembergischen Obervögten, die über die Stadt herrschten, als Sitz. Im zweiten Gebäude ist das Museum für Waagen untergebracht, das an die große Vergangenheit des Handwerks erinnert. Die Übernachtung war ein Erlebnis, weil es sich wirklich anfühlte, als ob ich in einem kleinen Schloss schlafen würde.

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Am nächsten Tag sah ich mich noch in der Altstadt um. Im Jahr 863 erstmals urkundlich erwähnt, profitierte Balingen seit dem Mittelalter von seiner Lage an der wichtigen „Schweizerstraße“, einer bedeutenden Handelsroute. Insbesondere das textile und lederverarbeitende Handwerk florierten im 18. und 19. Jahrhundert und trugen so maßgeblich zur Entwicklung der Stadt bei.[1]

Ein Hingucker in der Innenstadt waren die Skulpturen, die den Himmel zu beobachten schienen. Vermutlich warteten sie auf eine Sonnenfinsternis. Dieses Mal war die Kirche offen und ich konnte mich ein wenig darin umsehen. Am besten gefiel mir jedoch das Zollernschloss.

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Der Weg führte mich von Balingen-Weilstetten zunächst zum Felsenmeer, einer markanten Steinformation im Wald kurz vor dem Berggipfel Lochenhörnle. Die vielen Felsen und Steine auf dem Weg ließen mich an unsere Urahnen denken, die vor vielen Jahrhunderten oder Jahrtausenden in den Steinen Geister und Götter vermuteten. Auch viele Märchen und Legenden wurden vermutlich von solchen Landschaften inspiriert.

Die Strecke zum Lochenhörnle war weniger schlimm als befürchtet. Der serpentinenartige Anstieg war anstrengend, aber ich habe ihn mit weniger Mühe als erwartet meistern können. Vermutlich war Lochenhörnle mit 956 m ü. NHN (Meter über Normalhöhennull) die höchste Erhebung auf meinem Jakobsweg zwischen Nürnberg, Konstanz und Basel. Leider war das Wetter an jenem Tag regnerisch, bewölkt und neblig, so dass ich den Ausblick vom Lochenhörnle nicht wirklich genießen konnte. Wenn das Wetter mitmacht, kann man von dort aus wohl sogar die Alpen sehen.

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Nach dem schweißtreibenden Anstieg ging es relativ einfach bergab und nach wenigen Kilometern erreichte ich das Dorf Tieringen. Dort fand ich eine interessant bemalte Hausfassade nennenswert, weil sie den Eindruck erweckt, als ob man durch die zerbröckelnde Wand hindurchsehen würde.

Da am ersten Etappentag ein Feiertag war, der Karfreitag, waren die meisten Läden und Gaststätten geschlossen. Deswegen konnte ich nach dem anstrengenden Anstieg keinen geschlossenen Raum zum Aufwärmen aufsuchen. Zudem waren sogar die Kirchen, wie so oft, geschlossen. Ich beeilte mich dann, um bald an meinem Tagesziel anzukommen.

In Nusplingen übernachtete ich bei einer freundlichen Pilgerin, die Zimmer vermietet. Sie ist Mitglied in der Beuroner Jakobspilgergemeinschaft und Albguide, Wanderführerin in der Schwäbischen Alb. Ihre Adresse fand ich eine Woche zuvor, als ich im Internet nach einer Unterkunft in Nusplingen gesucht habe.

Die nette Pilgerin unterhält keine Herberge, sondern sie vermietet ein Zimmer an einzelne Besucher oder Gruppen. Sie zeigte mir am Abend in ihrem Wohnzimmer ein Buch über die berühmte Nusplingen Friedhofskirche. Meine Gastgeberin ist auch Mitglied im örtlichen Verein zur Erhaltung der Friedhofskirche. Sie hat mir auch den Tipp gegeben, in der Pilgerherberge Furtmühle bei Pfullendorf zu übernachten, weil ich daran auf dem Weg nach Konstanz vorbeilaufen würde. Wir unterhielten uns noch bis spät über unsere Erfahrungen als Pilger.

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Die wichtigsten Orte:

  • Balingen
  • Felsenmeer
  • Lochenhörnle
  • Tieringen
  • Nusplingen

14. Nusplingen – Bärenthal

  • Datum: 26.03.18
  • Entfernung: 9 Kilometer
  • Besondere Ereignisse: Friedhofskirche Nusplingen, unterwegs entlang des Flusses Bära

Das Frühstück meiner Gastgeberin war sehr vorzüglich. Nachdem ich mich von ihr verabschiedet habe, traf ich mich mit dem Mesner der Friedhofskirche Sankt Peter und Paul, mit dem ich mich telefonisch verabredete, damit er mir einen Einblick in das Innere der Kirche gewährt. Er tat dies sehr gerne und erklärte mir stolz die Geschichte der Kirche. Ich war überwältigt von ihrer schlichten Schönheit. Ein wenig erinnerte sie mich an die Kirchen der Bodenseeinsel Reichenau.

Die Alte Friedhofskirche St. Peter und Paul wurde 650 nach Christus gegründet und wurde seitdem mehrfach umgebaut und erweitert. Der aktuelle, romanische Bau geht auf das Jahr 1250 nach Christus zurück. 50 Jahre später wurden der Chor und das Kirchenschiff im gotischen Stil umgebaut. Die prachtvollen Kalkmalereien stammen auch aus dieser Zeit. Sie wurden erst 1972 bis 1975 freigelegt.[2]

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Zum Stil der Gotik gehören auch die fünf Heiligenfiguren um die „Nusplinger Madonna“ im Chor der Kirche. Sie sind Teil eines Altarschreins, der vermutlich von einem spätgotischen Künstler der sogenannten „Ulmer Schule” stammen. Der Nusplinger Förderverein, in dem auch meine Gastgeberin tätig ist, unterstützt die Gemeinde bei der Sanierung und beim Erhalt der Kirche.[3]

Vor der Brücke über die Bära mit der Statue des Brücken- und Pilgerheiligen Nepomuk biegt der Jakobsweg nach links ab. Der Weg nach Bärenthal war entspannter als die Strecke nach Nusplingen, zudem schien an dem Tag größtenteils die Sonne. Das schöne Wetter machte mich leicht und beschwingt. Die Etappe war mit 9 Kilometern auch sehr kurz. Ich habe sie halbiert, weil ich nächstes Mal die restlichen 7 Kilometer nach Beuron laufen wollte, um im dortigen Kloster zu übernachten. Der Pfad entlang der Bära war sehr schön und entspannend. Mir gefielen insbesondere die kleinen Wasserfälle neben dem Weg.

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Nach etwas mehr als zwei Stunden kam ich in Bärenthal an. Der Dorfname kommt vom Fluss Bära und nicht, wie man zunächst vermuten würde, von dort ansässigen Bären, was nicht der Fall ist. In Bärenthal musste ich eine Stunde auf den Bus warten. Die Zeit vertrieb ich mir, indem ich mich im Dorf umsah und meine Gedanken in meinem Pilgertagebuch notierte. Eine Sehenswürdigkeit von Bärenthal sind beispielsweise die Skulpturen vor dem Rathaus. Mit der nächsten Etappen übernachtete ich im Kloster Beuron überquerte die Donau.

Die wichtigsten Orte:

  • Nusplingen
  • Bärenthal (9 Kilometer)

Quellen

Titelfoto: "Im Meer der Felsen" (Fotorechte: Dario schrittWeise)
[1] https://www.balingen.de/site/Balingen/node/1433229/Lde?QUERYSTRING=geschichte (zuletzt abgerufen am 04.07.2018)
[2, 3] https://www.tourismus-bw.de/Media/Attraktionen/Alte-Friedhofskirche-Peter-und-Paul-Nusplingen (zuletzt abgerufen am 03.07.2018)

8 Kommentare zu „Das Meer der Felsen [Jakobsweg nach Konstanz VI]

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  1. Hallo Dario,

    da habe ich doch so einiges wiedererkannt ;-). Und wenn Du in Balingen exakt dem offiziellen Jakobsweg gefolgt bist, warst Du auf unserer Standard-Gassi-Strecke unterwegs und bist Du fast an Luis‘ Zuhause vorbeigekommen…

    Bei meinem Start von Balingen nach Konstanz war das Wetter ähnlich: Regnerisch durch das Felsenmeer (dadurch besonders mystisch), dann im weiteren Verlauf sonnig-beschwingend:
    https://luis.rabe-online.de/2016/08/03/bl-kn-tag-2-tieringen-beuron/
    https://luis.rabe-online.de/2016/08/01/bl-kn-etappe-1-balingen-tieringen/

    Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigten, dass man tatsächlich die Alpen sehen kann. Allerdings muss man da schon sehr viel Glück und sehr gute Sicht haben. So gesehen hattest Du kein Pech, sondern nur kein Glück 😉

    Vielen Dank für den schönen Bericht, durch den ich im Geiste nochmal mitwandern kann. Ich bin schon gespannt, wie es weiter geht bzw. dir weiter erging.

    Gefällt 1 Person

    1. Danke dir. Dann bin ich tatsächlich an Luis‘ Zuhause vorbeigekommen 😉🐕🏠 An die Beiträge erinnere ich mich noch gut, da habe ich meine ersten beiden Kommentare bei dir geschrieben, damals noch als „schrittWeise“ 😉Wie die Zeit vergeht. Übrigens habe ich seitdem auch keine weiteren Blog-Beiträge über den Jakobsweg durch Balingen gefunden. Wie man sieht hattet ihr auch schlechtes Wetter, aber, wie du schon geschrieben hast, kann das auch seinen Reiz haben. Ab Meßkirch hatte ich dann wieder bessere Wetterbedingungen. Liebe Grüße, Dario 🙂

      Gefällt 1 Person

  2. Hallo Dario.
    Seitdem ich deine Berichte über die App lese, erhalte ich im Text immer den Hinweis das die Bilder über Java Script zu sehen seien. Ist das eine App die ich installieren muss?
    LG, Nati

    Gefällt 1 Person

        1. Hallo Nati, leider weiß ich es nicht genau. Im „normalen“ Browser gibt es in der Meldung einen Link zur Installationsseite. Eine Alternative wäre, den Beitrag mit dem „Weltkugel“-Symbol in der oberen rechten Ecke in einem Internetbrowser zu öffnen.. LG

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