Einer Legende zufolge erhielt die Marienstatue auf der Brücke Puente del Reina in der gleichnamigen spanischen Stadt häufige Besuche eines kleinen Vogels, der auf Baskisch txori heißt. Der Vogel soll die Statue gepflegt, die Spinnweben entfernt und sie mit dem Wasser aus dem Fluss Arga, der unter der Brücke fließt, gereinigt haben. Außerdem sollen jedes Mal, wenn der Txori die Marienstatue besucht hatte, die Glocken geläutet und religiöse Feste stattgefunden haben. Die Statue, die Virgen del Puy oder auch Virgen del Txori heißt, steht seit 1843 nicht mehr auf der Brücke, sondern in der nahegelegenen Kirche San Pedro.
Wegweiser
- Beitrag 21: Aroue – Saint-Jean-Pied-de-Port (Etappen 32 und 33, Via Podiensis)
- Hintergründe über Camino Francés
- Beitrag 1: Saint-Jean-Pied-de-Port – Roncesvalles (Camino Francés – 1. Etappe)
- Beitrag 2: Roncesvalles – Pamplona (Camino Francés – 2. und 3. Etappe)
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Etappe 4: Pamplona – Puente de la Reina
- Datum: 26.09.2019
- Entfernung: ca. 25 Kilometer
Die vierte Etappe des Camino Francés begann ich wieder am frühen Morgen. Nach dem Frühstück im Gemeinschaftsraum der Casa Paderborn verabschiedeten wir uns von den freundlichen Hospitaleros, die uns eine gute Pilgerschaft wünschten. Der Weg führte mich durch die Straßen von Pamplona, an der Kathedrale, der Kirche San Fermin, der Zitadelle von Pamplona und der Universität vorbei.
Alto del Perdón
Nach Pamplona ging es leicht bergauf, der Anstieg wurde aber immer steiler, bis der Weg Alto del Perdón (Anhöhe der Läuterung) erreichte, mit der Skulptur eines Pilgerzuges, die sich wie ein Schatten über den Bergrücken erhebt. Die Skulptur gehört zu den berühmtesten Skulpturen auf dem Camino Francés.
Im letzten Dorf vor dem Gipfel traf ich Beth und Liz wieder, die beiden US-amerikanischen Pilgerinnen. Von dort an liefen wir eine Zeit lang gemeinsam weiter.
Auf dem Alto del Perdón machten Mitarbeiter einer Pilgerherberge aus Puente le Reina Werbung. Ich beschloss, in ihrer Unterkunft zu übernachten und sprach sie an, um einen Platz für mich zu reservieren. Beth und Liz hatten bereits eine andere Übernachtungsmöglichkeit organisiert.
Laut einer Legende wurde auf der Passhöhe Puerto del Perdón ein Pilger vom Teufel auf die Probe gestellt. Der Leibhaftige soll dem durstigen Mann versprochen haben, ihm Wasser zu geben, wenn er Gott und Jakobus lästere. Dieser gab nicht nach und der Teufel verschwand. Daraufhin erschien ihm Jakobus und gab ihm Wasser. Seitdem befindet sich dort, so die Legende, ein Pilgerbrunnen.
Kirche Santa Maria de Eunte
Vom Alto del Perdón führt der Pilgerweg nach Uterga und nach Obanos. Im Dorf Obanos treffen die beiden Teilstrecken zum Camino Francés, der Aragonesische Weg und der Navarrische Weg, zusammen. Beide Wege beginnen in den Pyrenäen, der Navarrische in St. Jean-Pied-de-Port, der Aragonesische Weg in Somport. Für einige Pilger sind diese beiden Pilgerstrecken nur Zubringer und der Camino Francés fängt für sie erst hier bzw. in Puente la Reina an. Für mich begann der Camino Francés bereits in Saint-Jean-Pied-de-Port.
Beim Dorf Obanos ist ein Umweg über die Kapelle Santa Maria de Eunte empfehlenswert. Meine Begleiterinnen beschlossen jedoch, weiterzugehen. So ging ich allein weiter. Nach etwa 1,5 Kilometer erreichte ich die Kirche.
Die Kirche Santa Maria de Eunte ist eine achteckige romanische Kapelle. Der Ursprung ist nicht bekannt. Die Kapelle ist bis auf Dezember immer offen.
Ankunft in Puente de la Reina
Natürlich war ich schon ganz begierig darauf, die berühmte Puente le Reina, die Brücke der Königin zu erreichen, die das Wahrzeichen des Städtchen ist. Von der Kapelle dauerte es nicht mehr lange, bis ich die Stadt erreicht hatte, die ihrem Namen der markanten Brücke über der Arge verdankt.
Nachdem ich mir die beiden Kirchen in der Hauptstraße angesehen hatte, die Kirche des Kreuzes (Iglesia del Crucifijo) und die Santiagokirche, ging ich in meine Pilgerherberge, die ich bei den Mitarbeitern auf dem Alto del Perdón gebucht hatte. Sie befindet sich auf einem Hügel auf der anderen Seite der berühmten Brücke.
Puente le Reina gehört zu den berühmtesten Bauwerken des spanischen Jakobsweges Camino Francés. Die Hauptfunktion der romanischen Brücke bestand seit ihrer Erbauung darin, die Pilger trockenen Fußes auf die andere Uferseite der Arge zu bringen.
Puente le Reina wurde im 11. Jh. errichtet, vermutlich auf Geheiß einer Königin, wie es der Name nahelegt. Es ist nicht überliefert, welche Königin Bauherrin war, es könnte aber die Gemahlin von Sancho dem Älteren oder Doña Estefanía, die Frau von García Nájera, gewesen sein.
Die Brücke besaß ursprünglich 3 Wehrtürme, zwei an jedem Ende und einen weiteren in der Mitte, auf welchem die Marienstatue aus der Renaissance stand, welche die eingangs nacherzählte Vogellegende inspirierte.
Wenige Hundert Meter nach der Brücke erreichte ich meine Unterkunft, die mich an eine Jugendherberge erinnerte. Vor dem Hauptgebäude befindet sich ein einfacher Garten, Wohnbungalows und ein Parkplatz für Wohnwägen. Der Betreiber wirkte zunächst etwas zurückhaltend und reserviert, aber ich vermute, dass er relativ neu im Geschäft war.
Am Abend ging ich nochmal zurück in die Altstadt, dafür musste ich wieder die Brücke überqueren. Unterwegs traf ich ein polnisches Ehepaar, Agata und Mateusz, die ich am Vortag kennengelernt hatte. Sie erzählten mir begeistert von einem typischen baskischen Restaurant mit Kneipenatmosphäre, in dem ich gut essen könnte.
Ich setzte mich an einen der freien Tische und fragte nach einem regionaltypischen Gericht. Der Wirt empfahl mir ein Bohneneintopf mit Peperoni. Der Restaurantbesitzer beobachtete mich beim Essen, um zu sehen, ob ich es auch korrekt mache. Da die Peperoni am Rand des Tellers geschnitten werden mussten, versuchte er zunächst, mir die Schneidetechnik zu erklären. Nachdem dies nicht gelang, griff er tatkräftig zu und schnitt selbst die Hälfte der Peperoni, was ich sehr amüsant fand. Ihm schien es sehr wichtig zu sein, dass ich die korrekte Technik anwende.
Etappe 5: Puente de la Reina – Estella
- Datum: 27.09.2019
- Entfernung: ca. 22 Kilometer
Am nächsten Morgen taute der Herbergsleiter auf, als einer der Pilger ihn fragte, ob der junge Mann, der hier ebenfalls arbeitete, sein Sohn sei. Er schenkte uns ein breites und herzliches Lächeln und bejahte stolz.
Ich ging wieder zur Puente del Reina, die an dem Septembertag von der Sonne besonders in Szene gesetzt wurde, um Fotos zu machen. Agata und Mateusz, das Ehepaar, welches mir am Abend zuvor das urbaskische Restaurant empfohlen hatte, kam ebenfalls vorbei. Sie machten ein Foto von mir mit der Brücke und ich eines von ihnen.
Wir kamen wieder ins Gespräch und so gingen wir ein Stück des Weges gemeinsam. Ich erzählte ihnen von meinem amüsanten Erlebnis im Restaurant, den sie mir empfohlen hatten. Sie lachten und sagten, dass sie das Restaurant genauso in Erinnerung hatten.
Für Agata und Mateusz war die Strecke zwischen Puente le Reina und Estella die letzte Tagesetappe, bevor sie zurück nach London fliegen müssen, wo sie leben. Sie hofften aber, dass sie nächstes oder übernächstes Jahr den Camino Francés fortsetzen dürfen. In der kommenden Woche stand bei ihnen bereits die nächste Reise an, sie wollten nach Toscana, um dort ein Wellnessurlaub zu machen.
Im Dorf Mañeru sahen wir, dass jemand auf einer Bank eine Kamera vergessen hatte. Für uns war klar, dass es ein Pilger sein musste. Unterwegs fragten wir die anderen Pilger, ob sie eine Kamera vermissen würden. Nachdem sich niemand gemeldet hatte, nahmen wir die Kamera nach Estella mit, weil damit die größte Chance bestand, dass wir die Besitzerin oder den Besitzer finden.
Hier trafen wir auch die drei irischen Pilgerinnen. Ich unterhielt mich mit ihnen über ihr Land, erinnerte mich dabei an ihre Landsleute, Margareth und John, die ich einige Tage zuvor in Frankreich auf der Via Podiensis kennengelernt hatte. Von den irischen Pilgerinnen lernte ich auch die irische Variante des Pilgergrußes „Bon Camino“ auf Irisch: „Go neiri an bothar leat“ (ausgesprochen: Gu nyree on bow her latt). Wörtlich übersetzt heißt es: „Möge die Straße mit dir steigen“.
Der Nachmittag war sommerlich heiß. Ich sah eine Tafel, die auf einen Menhir, ein prähistorisches Grab, hingewiesen hatte. Da Agata und Mateusz direkt weiterlaufen wollten, ging ich allein hin. Auf der Tafel stand leider nicht, wie weit die Ausgrabungsstätte entfernt ist, so dass ich zwei einheimische Bauern danach fragte, die in ihrem Obstgarten arbeiteten. Sie konnten mir nicht genau sagen, wo die Stelle ist, dafür gaben sie mir mehrere Äpfel, Pflaumen und eine exotische Frucht, deren Name mir entfallen ist. Ich bedankte mich und beschloss, wieder umzukehren, weil es immer heißer wurde. Ich fand zwar die Ausgrabungsstätte nicht, dafür bekam ich leckeres Obst.
Der Camino führte zu einer kleinen „Oase“, die ein junger Spanier in einem Olivenhain errichtet hatte. Die Pilger konnten sich hier im Schatten der Olivenbäume ausruhen und günstig Snacks, Obst und Getränke kaufen.
Im nächsten Ort traf ich meine beiden Tagesbegleiter wieder, die in einem Café Pause machten. Ich setzte mich kurz zu ihnen und bald darauf liefen wir gemeinsam weiter.
Estella
Relativ früh am Nachmittag, trotz der vielen Pausen, die ich mit Agata und Mateusz gemacht hatte, erreichten wir unser Tagesziel Estella. Zunächst gingen wir in das Pilgerbüro am Ortseingang, um die gefundene Kamera abzugeben. Gleichzeitig erkundigten wir uns nach möglichen Herbergen. Direkt am Stadteingang gingen wir an der Kirche des Heiligen Grabes mit einem gotischen Eingangsportal vorbei.
Platz fanden wir in einer kirchlichen Pilgerherberge mit zwei sehr großen Schlafräumen. Dort trafen wir auch die anderen uns bekannten Pilgerinnen und Pilger. In der Unterkunft lernte ich auch den Pilger aus München kennen, der auch Peter hieß. In den kommenden Tagen begegneten mir auch die anderen beiden Pilger gleichen Namens. Nachdem ich mir ein Bett ausgesucht und meine Pilgerroutine (duschen und Wäsche waschen) erledigt hatte, machte ich einen Spaziergang in Estella.
Besonderes sehenswert sind in Estella, neben den vielen Gässchen und Plätzen, insbesondere die Kirche San Pedro de la Rua sowie der romanische Palast der Könige Navarras, auch als Palast der Herzöge von Granada de Ega bekannt. Wegen ihrer Schönheit wird die bedeutende Pilgerstadt auch „Estella la bella“ genannt.
In einem Café ruhte ich mich ich am Ufer der Ega aus und betrachtete eine schwarze Katze, die sich in der Sonne räkelte. Sie wollte mich bezirzen, damit ich ihr ein Stück Kuchen gebe, ich habe mich aber zurückgehalten, weil ich mir nicht sicher war, was Katzen alles essen dürfen.
Da ich in der Casa Paderborn in Pamplona mein schnelltrocknendes Badetuch vergessen hatte, musste ich in mehreren Sportläden nachfragen, bevor ich endlich Ersatz gefunden hatte.
Langsam wurde es dunkel und ich beschloss, ein Restaurant zu suchen. Auf dem Weg dorthin traf ich den Pilger Peter aus Schweden, mit dem ich bereits in Roncesvalles und Zubiri gesprochen hatte. Er fand die Idee gut, mit mir essen zu gehen. Peter fand es auch lustig, dass wir mittlerweile zwei weitere Pilger mit dem Namen Peter kennen, die gleichzeitig mit uns unterwegs sind. Der Abend war angenehm warm und wir aßen draußen, an einem der Tische vor dem Restaurant. In der Nähe plätscherte der Fluss Ega.
Quellen
https://www.turismo.navarra.es/deu/organice-viaje/recurso/Patrimonio/3157/Puente-Romanico-de-Puente-la-Reina.htm Joos, Raimund: „Spanien: Jakobsweg. Camino Francés“; Welver, 2019, S. 68 - 79 https://www.spain.info/de/que-quieres/ciudades-pueblos/otros-destinos/estella_o_lizarra.html
Hallo Dario,
deinen Beitrag finde ich nicht nur interessant und informationsreich sondern auch aufregend und inspirierend. Besonders interessant und einmalig finde ich die Haltung der Einheimischen gegenüber den Pilgern, fur welche sie sogar eine Brücke und ein Hospital gebaut haben. Puente la Reina ist wunderschön und geheimnisvoll. Deine Geschichte von der berühmten Brücke hat bei mir die Sehnsucht geweckt, einmal selbst die Brücke der Königin zu überqueren. Was den Namen der Brücke betrifft, meine ich, dass die Brücke der Maria gewidmet war. Mutter Gottes wird bei katolischen Gläubigen oft als „Maria, die Königin“ bezeichnet. Daraufhin weist (meiner Meinung nach) auch die Legende von Maria und den kleinen Vogel hin. Offensichtlich ist Maria bei den Bewohnern sehr begehrt. Außerdem stand auf dem Wehrturm, der in der Mitte der Brücke war, die Marienstatue.
LG, Sophie Mai.
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Hallo Sophie, eine interessante Theorie, die auch eine Rolle spielen könnte. Vermutlich hat aber tatsächlich eine Königin den Bau der Brücke in Auftrag gegeben. Wie dem auch sei, die romanische Brücke ist wirklich ein Schmuckstück der Baukunst. Liebe Grüße und einen angenehmen Mittwoch, Dario
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Beeindruckend, welche Ruhe deine Fotos ausstrahlen und die Katze zum Schluss bestätigt das natürlich auch noch 😀
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Hallo Annette, danke dir 🙂 Die Katze war sehr fotogen 😉🐈 📷 Liebe Grüße, Dario
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Hallo Dario.
Das oberste Bild gefällt mir am Besten, die Spiegelung im Wasser ist richtig toll.
Bei vielen Bildern sieht man die warme Farbgebung die die Sonne nur so im Herbst
hinbekommt. Wirklich gelungen.
Einen schönen Abend für dich.
LG, Nati
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Hallo Nati, Dankeschön, der Morgen war schön und ich war gut gelaunt, voller Tatendrang 😉🌄 Liebe Grüße und ebenfalls einen angenehmen Abend 🙂
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Dankeschön Dario. 🙂🍀
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WOW … das obere Bild mit der Brücke ist ein „absoluter Knaller“.
LG Jürgen
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Hallo Jürgen, vielen Dank. An jenem Morgen haben beim Fotografieren gleich mehrere Sachen gepasst. Liebe Grüße, Dario 🙂
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Das konnte man sehen. Klasse Ausbeute.
Schönes Wochenende.
LG Jürgen
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