Sarria und die letzten 100 km [Camino Francés XIV]

„Schritt für Schritt“ – das war die Einstellung, die ich hatte, als ich 2017 meinen Blog angefangen hatte. Ich wollte mich in diesem Tempo in der Blogwelt bewegen und mit jedem Blogbeitrag etwas dazulernen. Den gleichen Gedanken hatte ich auch, als ich 2015 meine erste Jakobswegetappe in Nürnberg begonnen hatte. Viele Etappen später, im galizischen Städtchen Portomarin, fand ich eine Pilgerherberge mit dem gleichen Namen. Da war es für mich klar, dass ich darin übernachten möchte.

Eine Besonderheit der Tagesetappe zwischen Sarria und Portomarin war der Meilenstein, der die letzten 100 Kilometer bis Santiago de Compostela verkündet. Zumal wir ihn gar nicht so einfach finden konnten, wie es sich an jenem Tag herausgestellt hatte.

Wegweiser

29. Etappe: Sarria – Puertomarin

  • Datum: 05.10.2021
  • Entfernung: 22 Kilometer

Sarria ist ungefähr 110 Kilometer von Santiago de Compostela entfernt. Deswegen ist der Ort beliebt bei Pilger:innen, die nicht viel Zeit haben oder nicht viel Zeit in ihre Pilgerreise investieren möchten.

Die Entfernung ist auch für die Menschen interessant, die auf einfache Art und Weise ihre „Compostela“ bekommen möchten. Denn, wer mindestens 100 Kilometer zu Fuß oder 300 Kilometer mit Fahrrad, Pferd oder Esel auf einmal zurücklegt, bekommt in Santiago das Zertifikat „Compostela“, welches dies bezeugt. Für die Compostela muss man jeden Tag mindestens einen Stempel holen und auf den letzten 100 Kilometern mindestens zwei.

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Antonia machte uns auf die spanischen Pilger:innen aufmerksam, welche in Sarria gestartet sind. Sie tragen leichte Kleidung, die uns eher an eine Modenschau erinnert hatte. Sie nannte sie „Domingueros“, was ich sinngemäß mit „Anfänger“ oder „Sonntagsspaziergänger: innen“ übersetzen würde (von „domingo“ = „Sonntag“). Ein wenig erinnert die Bezeichnung auch an „Sonntagsfahrer“.

Den Vormittag verbrachten wir mit der Suche nach dem Meilenstein, der die letzten 100 Kilometer bis Santiago angezeigt hatte. Kosta und Ineke liefen mit mir.

Da es dort eine Baustelle gegeben hatte, mussten wir einer Umleitung folgen. Sicherheitshalber machten wir als Erinnerung ein Foto an einem anderen Meilenstein, einige Meter zuvor. Doch ein wenig später kamen wir an einer Abkürzung vorbei, die zum „echten“ 100-Km-Meilenstein führte.

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Der Nachmittag hatte wenige Höhepunkte parat. Der Tag war entspannt. Hier waren mehr Pilger: innen unterwegs als die Tage zuvor, was an den genannten Umständen lag.

Wir holten Anna aus Kanada ein, die wie immer unterwegs sehr viele Fotos und Drohnenaufnahmen gemacht hatte.

Wir sind an mehreren Hórreos vorbeigelaufen. Das sind markante Speicher, die aus Stein oder Holz gebaut sind und die zur Aufbewahrung der Ernte dienen. Die Kornspeicher sind typisch für die Region und sind in Galicien sehr weit verbreitet.

Wenige Kilometer später verlief der Jakobsweg in einem Ort an einem besonderen Pausenort: Am Eingang haben die Ehrenamtlichen eine reichhaltige Speisetafel nach dem Donativo-Prinzip aufgebaut. „Donativo“ bedeutet, dass jeder zahlt, wenn er möchte und wie viel er möchte, „auf Spendenbasis“. Hier kamen viele Pilger:innen zusammen.

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Wir erreichten am Nachmittag die Brücke von Portomarín. In die Brücke wurden der Brückenkopf und ein Bogen des Vorgängerbaus aus dem Mittelalter integriert. Die alte Brücke wurde vom Belesar-Stausee des Flusses Minho überflutet. Die Vorgängerbrücke gab vermutlich der Stadt ihren Namen: „Pons Minea“ (Miño-Brücke), denn das war der lateinische Name der Stadt im Mittelalter.

Die Brücke von Portomarín war eindrücklich. Hier bekam ich mulmiges Gefühl, weil sie sehr hoch ist. Der starke Wind war zudem nicht hilfreich. Kosta fand das amüsant und machte eine Videoaufnahme davon, wie ich die Brück überquere. Dafür verlor er auf der zügigen Brücke seinen Wanderhut. „Das kommt davon …“, sagte ich ihm scherzhaft.

Später erfuhr ich von einer anderen Pilgerin, das es ihr dabei schlechter erging. Sie hatte solche Höhenangst, dass sie beim Überqueren der Brücke gestützt werden musste.

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Portomarin

Das Besondere an Portomarín ist, dass die Stadt neu gebaut werden musste, als 1956 der Bau der Staumauer des Belesar-Stausees begann. Der Stausee hätte die alte Stadt überflutet. Aus diesem Grund wurden die wichtigsten Gebäude abgetragen und auf einem Hügel oberhalb des Sees wieder aufgebaut. Dazu zählen in erster Linie die Kirchen San Pedro und San Nicolás sowie einige der mittelalterlichen Paläste am Hauptplatz.

In Portomarín reservierte ich die Unterkunft „Pasiño ã Pasiño“ für unsere Gruppe. Das ist Galizisch und es bedeutet, wie in der Einleitung geschrieben, „Schritt für Schritt“ (wörtlich: „Schrittchen für Schrittchen“). Den Namen fand ich reizvoll, weil es mein Blogmotto ist: „schrittweise“ durch die Blogwelt reisen.

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Vor dem Abendessen machten Nienke, Antonia, Diyana und ich eine Ortsbesichtigung. Wir sahen uns insbesondere die Hauptstraße mit ihren Arkaden und die Festungskirche San Nicolás. Vor der Pilgerstatue auf dem Marktplatz machten wir einige Fotos.

Als wir in „Pasiño ã Pasiño“ zurückgekommen sind, kochten Martha und Kosta bereits das Abendessen. Wir halfen ihnen, den Tisch zu decken.

Am Abend machten Anna, Martha und ich noch einen Abendspaziergang durch Portomarín. Martha erzählte uns, dass sie am kommenden Morgen leider einen wichtigen Online-Termin hat und deswegen erst später am Tag loslaufen kann. Aus diesem Grund werden wir uns vermutlich nicht mehr sehen.

Nach Portomarín waren es wenige Etappen bis zu unserem Ziel, Santiago de Compostela. Wir wussten, dass wir sie schaffen können, wenn wir weiter einen Schritt nach dem anderen Schritt nehmen.

Für meinen lieben Freund J.S.

Quellen

Titelbild: "100 Kilometer bis Santiago", Fotorechte: Dario schrittWeise
http://www.concellodeportomarin.es/municipio/historia.php
https://www.spain.info/de/reiseziel/portomarin/

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