Eine Besonderheit auf dem Weg nach Palas del Rei waren für mich die Ruinen des eisenzeitlichen Wehrdorfes Castro de Castromaior. Das Dorf ist beispielhaft für die befestigten Siedlungen, die in Galicien sehr verbreitet waren und heute noch teilweise erhalten sind. Dort machte ich einen kurzen Halt am Nachmittag einer Etappe.
Mein Ziel, Santiago de Compostela, befand sich nach meiner Ankunft in Ribadiso de Baixo in greifbarer Nähe. Von diesem Ort waren es nur noch wenige Tagesetappen bis zur Kathedrale des Heiligen Jakobus. In Ribadiso war ich bereits 2015, als ich auf dem Camino del Norte gepilgert bin.
Wegweiser
- Hintergründe über Camino Francés
- Beitrag 7: Atapuerca – Burgos (Camino Francés – 12. Etappe)
- Intermezzo: Von Verschiebungen und anderen Plänen
- Beitrag 8: Burgos – Hontanas (Camino Francés: 13 und 14. Etappe)
- Beitrag 9: Hontanas – Terradillos de los Templarios (Camino Francés: 15. – 17. Etappe)
- Beitrag 10: Terradillos de los Templarios – Léon (Camino Francés: 18. – 20. Etappe)
- Beitrag 11: Léon – Astorga (Camino Francés: 21. – 22. Etappe)
- Beitrag 12: Astorga -Villafranca del Bierzo (Camino Francés: 23. – 25. Etappe)
- Beitrag 13: Villafranca del Bierzo – Sarria (Camino Francés: 26. – 28. Etappe)
- Beitrag 14: Sarria – Portomarin (Camino Francés: 29. Etappe)
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Etappe 30: Portomarin – Palas del Rei
- Datum: 06.10.21
- Entfernung: 25 Kilometer
In Portomarin frühstückten wir am Morgen in einem Café. Das Café befand sich unter den geschichtsträchtigen Arkaden, quer gegenüber unserer Unterkunft „Pasiño ã Pasiño“. Martha blieb noch in der Unterkunft, weil sie einen offiziellen Online-Termin hatte.
Da wir ein Foto vor dem Schild mit Schriftzug „Portomarin“ machen wollten, riefen wir Martha dazu. Nach unserem „Fototermin“ verabschiedeten wir uns von Martha und begannen unsere Tagesetappe nach Palas del Rei.
Wir verließen die Stadt dieses Mal über eine andere, viel kleinere Brücke. Die größere Brücke, über die wir tags zuvor gelaufen sind, war auch zu sehen.
Castro de Castromaior
Ein Höhepunkt des Tages war für mich die Ruine des befestigen Dorfes Castro de Castromaior. Die Ausgrabungsstätte lag etwas abseits des Jakobsweges, wie ein Schild in Castromaior es angekündigt hatte.
Ich sagte den anderen aus unserer Gruppe, dass ich gerne zu den Ruinen des steinzeitlichen Dorfes gehen wollte. Doch weil es einen kleinen Umweg bedeuten würde, hatte nur Antonia Interesse daran.
Wir liefen vom heutigen Dorf Castromaior auf dem ausgeschilderten Pfad zur Ausgrabungsstätte. Dort waren nur wenige Menschen, so dass wir uns in Ruhe umsehen konnten.
Die Überreste von Castro de Castromaior gehören zu den guterhaltenen Wehrdörfern, die typisch für die Region sind.
Die Castro-Dörfer stammen aus dem 7. Jahrhundert vor Christus und wurden nicht ursprünglich von den Kelten errichtet, wie es oft vermutet wurde. Die Erbauer waren Menschen der eisenzeitlichen Castro-Kultur. Kelten bewohnten die Dörfer nach ihnen. Die befestigten Dörfer wurden auf erhöhten und schwer zugänglichen Stellen gebaut, damit sich die Bewohner:innen besser vor Feinden verteidigen konnten.
In Castro de Castromaior sind nur die Ruinen übrig geblieben, die wie ein Labyrinth aus Stein über den Hügel verteilt sind. Sie erinnern an die Bewohner:innen des Ortes.
Antonia und ich setzten unseren Weg nach Palas del Rei fort. Bald holten wir die anderen Pilger:innen ein. Nach wenigen Stunden errichten wir unsere Unterkunft in Palas del Rei.
Die Unterkunft war sehr gut ausgestattet, unter anderem mit einer Waschmaschine, einem Aufenthaltsraum und einem geräumigen Garten.
Wer länger zu Fuß unterwegs ist, freut sich über jede Art Entspannung für die müden Glieder. So ging es uns auch in Palast del Rei, als uns Antonia auf eine gemeinsame Yoga-Stunde eingeladen hatte. Wir lachten viel dabei, weil einige von uns festgestellt hatten, wie ungelenk wir geworden sind.
Mit der Wäsche gab es Komplikationen, weil Kosta und ich zu viel Wäsche in die Waschmaschine reingestopft hatten. Der Besitzer der Unterkunft animierte uns dabei, „ruhig noch mehr reinzutun“. Dann dauerte es sehr lange, bis der Waschgang fertig war. Ich erinnere mich nicht mehr daran, ob wir die Wäsche aufhängen oder in einem Trockner trocknen mussten, ich weiß nur, dass die Wäsche nicht richtig trocken wurde.
Am Abend suchten wir ein Restaurant, in welchem wir gemeinsam zu Abend essen konnten. Viele waren bereits voll, wir fanden aber einen Tisch auf dem teilüberdachten Marktplatz. Das Essen gefiel uns an dem Abend leider nicht, die Bedienung war ebenfalls nicht sehr freundlich.
Auf dem Rückweg in die Pilgerherberge trafen wir Jeffrey aus den USA, der uns fragte, ob wir Lust hätten, mit ihm „Oktopus“ zu essen. Kosta und ich sind mitgegangen. Normalerweise esse ich selten Meerestiere, weil ich davon wenig begeistert bin, aber ich wollte es dieses Mal probieren. Oktopusse gelten in Galicien als besondere Delikatesse und wir wurden nicht enttäuscht. Wir aßen zwei Varianten, einmal Oktopus mit Paprika gewürzt und einmal gegrillt.
Kosta erzählte uns von einem Samstagnachmittag in seiner Jugend auf Zypern, als er mit Freunden angeln war. Sie sahen einen Oktopus und wollten ihn fangen. Es dauerte Stunden, bis es ihnen gelungen war, weil das Tier sich kräftig zu wehren wusste. Schließlich gelang es ihnen, den Oktopus zu fangen. Sie riefen ihre Familienmitglieder zusammen, damit sie ihn gemeinsam essen konnten. Kosta erzählte uns den Kampf mit dem Oktopus sehr bildhaft, was mich an die berühmten Fischer- und Jägergeschichten erinnerte.
Etappe 31: Palas del Rei – Ribadiso de Baixo
- Datum: 07.10.21
- Entfernung: 26 Kilometer
Am nächsten Tag trugen wir in unseren Rucksäcken unsere Wäsche, die noch klamm war. Das sind die kleinen Tücken des mehrtägigen Wanderns mit großem Rucksack. Glücklicherweise war das Wetter herbstlich-warm, so dass die Wäsche bald wieder trocken wurde.
Wir liefen durch Palas del Rei. Die Stadt wachte langsam auf. Die kleinen Details machten mir Freude, weil ich im Alltag nicht oft die Gelegenheit habe, zu beobachten, wie eine Stadt aus dem Schlaf erwacht.
Wir frühstückten in einem Café in einem Dorf, welches sich wenige Kilometer nach Palas del Rei befand. Der Morgen war kühl und die Sonne bahnte sich mystische ihren Weg durch den Nebel.
Im Dorf „Casanova“ machten viele Pilger: innen ein Foto vor dem Schild mit dem Dorfnamen. So könnte man sich für wenige Augenblicke wie der berühmte Namensvetter und Herzensbrecher fühlen.
Mittagessen in Furelos
An der romanischen Brücke von Furelos gab es eine Umleitung wegen Bauarbeiten, so dass wir einen kleinen Umweg in Kauf nehmen mussten. Das war nicht weiter schlimm,
In der Innenstadt von Furelos suchten wir ein Restaurant, wo wir Mittagspause machen können. Nach und nach kamen alle zusammen und der Wirt war auch besonderes zuvorkommend.
Anna lernte unterwegs eine Gruppe von Pilger:innen kennen, die ebenfalls aus Polen stammen. Sie freute sich, Leute aus ihrer alten Heimat zu treffen. Sie waren mit dem Priester aus ihrer Gemeinde unterwegs. Sie nannten ihn den „Pilgerpriester“, weil er so häufig auf bekannten Pilgerwegen gepilgert ist. Die Gruppe gehört zu den Pilger:innen, die in Sarria gestartet sind. Wir sind der Gruppe später immer wieder begegnet.
Ribadiso de Baixo
Die letzten Kilometer des Tages lief ich mit Anna, die wieder viele Fotos gemacht hatte. Am späten Nachmittag erreichten wir Ribadiso de Baixo, wo wir unsere Unterkunft reserviert hatten.
Unsere Pilgerherberge befand sich in Ribadiso de Baixo, einem Dorf kurz vor Ribadiso. Hier hatten wir eine Unterkunft, welches in ein Männer- und ein Frauenschlafraum eingeteilt war. Ineke, Anna und D. waren im anderen Raum, während ich mit Kosta die Betten im „Männerzimmer“ bezog.
Wir trafen uns mit anderen Pilger:innen in der benachbarten Herberge, weil sie dort Abendessen angeboten hatten.
Es war wieder eine fröhliche Runde. Wir unterhielten uns unter anderem darüber, dass wir am nächsten Tag die vorletzte Etappe haben werden, denn Santiago war nicht mehr weit. Mit diesem Gedanken kehrte ich in die Unterkunft zurück.
Den Beitrag widme ich meinem guten Freund J.S.
Quellen
Titelbild: In Castro de Castromaior, Fotorechte: Dario schrittWeise https://turismo.ribeirasacra.org/de/castro-von-castromaior (zuletzt abgerufen am 18.9.22) http://www.galiciaguide.com/Palas-de-rey.html (zuletzt abgerufen am 18.9.22) https://www.planet-wissen.de/kultur/suedeuropa/galicien_vom_atlantik_umspuelt/pwiegalicienkeltischodernicht100.amp (zuletzt abgerufen am 18.9.22)
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